Sprachliche Ablenkung behindert Merkleistungen

Wenn man bestimmte Dinge unbedingt im Gedächtnis behalten will, sollte man sich nicht von sprachlichen Reizen ablenken lassen. Diese wirken heftiger als Ablenkungen anderer Art
Bristol (Großbritannien) - Wer nur einige wenige Dinge im Supermarkt einkaufen will, macht sich dafür vielleicht keine Liste, sondern merkt sich "die paar Sachen" auch so. Das kann funktionieren, aber dann sollte möglichst keine weitere sprachliche Ablenkung dazwischenfunken. Solche Ablenkungen wirken nämlich stärker als visuelle oder nicht-sprachliche auditive Reize, haben jetzt britische Forscher in einer Studie mit Grundschulkindern herausgefunden. Die Fähigkeit, Informationen mittels des so genannten Rehearsals - des wiederholten Vorsagens - länger im Arbeitsgedächtnis zu behalten, entwickelt sich in diesem Alter, legen die Forscher im "Journal of Experimental Child Psychology" dar.

117 Sechsjährige und 104 Achtjährige sollten sich Wortlisten merken. In einigen Durchgängen dieses Experiments hatten die Kinder die Aufgabe, die Wörter im Gedächtnis zu behalten, bis sie - nach einer Weile - aufgefordert wurden, sie wiederzugeben. In anderen Durchgängen bekamen die Kinder nach der Wörtermerk-Aufgabe noch eine weitere Aufgabe, die eine Ablenkung darstellte. Diese zusätzliche Aufgabe war entweder sprachlich oder nicht-sprachlich.

In den Experimenten des Teams um Chris Jarrold von der University of Bristol zeigte sich, dass jede Form von Ablenkung Auswirkungen auf die Behaltensleistungen hatte. Sprachliche Ablenkung beschädigte die Erinnerung jedoch ganz besonders, da mit der sprachlichen Ablenkung das Rehearsal unterbunden wird. Unter Rehearsal versteht man das beständige Vorsprechen von Wörtern, die nicht aus dem Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis verschwinden sollen. Wenn man sich zum Beispiel eine Telefonnummer merken soll und man weder Stift noch Papier zur Hand hat, dann sagt man sich selbst die Zahlen so lange vor, bis man die Möglichkeit hat, die Zahlenreihe zu fixieren. Dieses Rehearsal ist rein phonologisch, dabei werden keinerlei Sinnzusammenhänge hergestellt. Es geht nur darum, zu verhindern, dass der Inhalt nicht aus dem Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis fallen soll, wo er ohne Rehearsal nur wenige Sekunden verbliebe und ohne weitere Verankerung sofort gelöscht würde.

"Unsere Resultate bestätigen, dass wir Informationen vergessen, weil wir von anderen Aktivitäten abgelenkt werden", sagt Jarrold. "Aber sie zeigen auch, dass es um die Art der Ablenkung und nicht um ihre Intensität geht. Die Art der Ablenkung bestimmt, wie viel wir vergessen."

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Quelle: "The development of memory maintenance: Six- and 8-year-olds' use of phonological rehearsal and attentional refreshment in working memory tasks", Tam, H., Jarrold, C., Baddeley, A. D., & Sabatos-DeVito, M.; Journal of Experimental Child Psychology, im Druck (2010), DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.jecp.2010.05.006


 

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