Sommerschlaf: Wie lange Regenwürmer ohne Regen auskommen

Laborexperimente mit dem Kleinen Wiesenwurm zeigen, dass die Tiere wochenlang andauernde Trockenheit überleben können
Ausgegraben: Ein Regenwurm im Sommerschlaf
Ausgegraben: Ein Regenwurm im Sommerschlaf
© Jacob McDaniel, Colorado State University
Fort Collins (USA) - Regenwürmer tragen wesentlich zur Fruchtbarkeit eines Ackerbodens bei. Sie bevorzugen allerdings lockere, humushaltige und feuchte Erde. Die Würmer könnten nur dann genutzt werden, um Böden in Trockengebieten zu verbessern, wenn sie auch Dürreperioden überstehen. Das haben amerikanische Forscher jetzt in Laborexperimenten untersucht. Demnach überdauert der Kleine Wiesenwurm (Aporrectodea caliginosa) nahezu unbeschadet Trockenzeiten von mindestens zwei Wochen, indem er in einen Starrezustand verfällt. In diesem sogenannten Sommerschlaf überlebten die meisten Tiere sogar drei Wochen ohne Bewässerung. Möglicherweise ließe sich die Überlebensrate noch steigern, indem die Regenwürmer zuvor über einen längeren Zeitraum an die neuen Lebensbedingungen angepasst werden, schreiben die Wissenschaftler im „Soil Science Society of America Journal“.

„Während des Sommerschlafs bilden die Regenwürmer einen festen Knoten, um die exponierte Körperoberfläche zu verringern“, erklärt Jacob McDaniel von der Colorado State University in Fort Collins. Dadurch minimieren sie den Wasserverlust während einer Trockenperiode. Wie frühere Untersuchungen ergeben hatten, verbringen sie diese Zeit in einer unterirdischen, versiegelten Kammer, deren Wände sie mit Schleim ausgekleidet haben, was die Luftfeuchtigkeit dort erhöht. McDaniel und seine Kollegen wollten herausfinden, wie lange die Tiere in diesem Zustand ohne Bewässerung des Bodens überleben können. Sie füllten Töpfe mit sandigem Lehmboden aus den trockenen Regionen im Osten Colorados. Vor Beginn des Experiments konnten sich die zuvor gesammelten und gewogenen Würmer in der befeuchteten Erde vier Tage akklimatisieren. Dann bewässerten die Forscher sämtliche Töpfe. Einige wurden ständig feucht gehalten, die anderen blieben eine, zwei oder drei Wochen ohne zusätzliches Wasser, bevor sie zwei Monate lang wieder bewässert wurden.

Je länger die Trockenperiode andauerte, desto mehr Würmer fielen in den Sommerschlaf und desto höher war die Sterberate. Aber auch nach drei Wochen ohne Wasserzufuhr waren nur 14 Prozent der Tiere tot. Die Überlebenden wurden nach dem Bewässern wieder aktiv und hatten ihr ursprüngliches Körpergewicht. „Der Dürrestress in den Töpfen könnte aber ganz anders sein als das, was wir im Freiland sehen würden“, sagt McDaniel. Deshalb seien jetzt Feldstudien unter natürlichen Umweltbedingungen nötig, um die Ergebnisse zu überprüfen. Eine Möglichkeit, die Trockenresistenz der Würmer zu erhöhen, wäre eine verlängerte Anpassungsphase an den für sie ungewohnten Boden. Schließlich könnte man mit Versuchen beginnen, die Qualität nährstoffarmer Böden in Trockengebieten durch Regenwürmer zu verbessern.

Regenwürmer fressen hauptsächlich organisches Material und hinterlassen ober- und unterirdisch Kothäufchen mit hohem Nährstoffgehalt für Pflanzen. Ihre Lebensweise sorgt auch dafür, dass die obere Humusschicht mit dem tieferen Mineralboden durchmischt und der Boden gelockert und durchlüftet wird. Von den 39 Arten unserer einheimischen Regenwürmer kommen der Tauwurm (Lumbricus terrestris) und der Kleine Wiesenwurm (Aporrectodea bzw. Allolobophora caliginosa) in Ackerböden am häufigsten vor. Über die Bedeutung der Regenwürmer für die Fruchtbarkeit des Bodens schrieb bereits Charles Darwin 1881: „Man kann wohl bezweifeln, ob es noch viele andere Tiere gibt, welche eine so bedeutungsvolle Rolle in der Geschichte der Erde gespielt haben wie diese niedrig organisierten Geschöpfe.“

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