Seelische Gesundheit bei Dialyse-Patienten

Depression und Schmerz stehen im Zusammenhang mit Behandlungserfolgen bei chronischem Nierenversagen
Pittsburgh (USA) - Depression und Schmerz sind nicht nur eine seelische Belastung, sondern können auch die körperliche Gesundheit beeinträchtigen. Besonders betroffen davon, so legen es Studien nahe, sind Menschen mit chronischen Erkrankungen. Sie sind einerseits häufiger mit Problemen konfrontiert, die sich emotional auswirken, andererseits sind sie ohnehin anfälliger für Krankheiten und medizinische Komplikationen. Dem ging nun auch ein US-amerikanisches Forscherteam auf den Grund und befragte hierzu Patienten mit chronischem Nierenversagen, die auf Dialyse angewiesen sind. Im Fachblatt „Clinical Journal of the American Society of Nephrology“ stellt die Gruppe jetzt ihre Ergebnisse vor und bestätigt damit einen Zusammenhang zwischen Depression und Schmerz auf der einen und dem Behandlungserfolg bei chronisch erkrankten Patienten auf der anderen Seite.

„Patienten, die dauerhaft Dialyse bekommen, sind physisch und emotional stark belastet“, erklärt Steven Weisbord von der Universität Pittsburgh. Kein Wunder, denn wer sich mehrmals wöchentlich der stundenlangen Prozedur einer Blutwäsche unterziehen muss, ist in seinem Alltag stark eingeschränkt. Wie steht es nun um die Gesundheit jener Dialysepatienten, die zusätzlich unter Schmerzen oder einer Depression leiden? Weisbord und seine Kollegen gaben sich nicht damit zufrieden, ihre fast 300 Probanden einmalig zu befragen – schließlich kann sich das Wohlbefinden eines Patienten über die Zeit ändern. Daher füllte jeder Studienteilnehmer einmal monatlich Fragebögen aus, und das über einen Zeitraum von zwei Jahren. Aus den Antworten ermittelten die Forscher, ob zum jeweiligen Zeitpunkt eine Depression vorlag und wie stark die Probanden gerade unter Schmerzen litten. Weiterhin wollten die Mediziner wissen, wie oft die Patienten Dialysetermine verpasst oder eine laufende Blutwäsche abgebrochen hatten. Denn die Kooperation des Patienten im Rahmen der ärztlichen Behandlung – man spricht auch von der Compliance – ist für den Behandlungserfolg unerlässlich. Weiterhin verfolgte Weisbords Team, wie oft die Probanden während der zwei Jahre die Notaufnahme aufsuchten oder ins Krankenhaus eingewiesen wurden. Ebenfalls dokumentiert wurden die Todesfälle.

Unterm Strich zeigt sich bei den Probanden ein klarer Zusammenhang zwischen emotionaler Belastung und Behandlungserfolg: Wer auf Dialyse angewiesen ist und unter Depressionen leidet, verpasst eher Dialysetermine und bricht eine gerade laufende Blutwäsche häufiger ab. Die Compliance ist also herabgesetzt. Außerdem erhalten diese Probanden mehr Krankenhauseinweisungen und stellen sich häufiger in der Notaufnahme vor. Ihre Sterblichkeit liegt sogar um ganze 40 Prozent höher als die anderer Dialysepatienten. Bei Betroffenen, die unter Schmerzen litten, konnte ein Zusammenhang zur Sterblichkeit zwar nicht nachgewiesen werden, dafür aber steht Schmerz ebenfalls im Zusammenhang mit einer geringeren Compliance und häufigeren Behandlungen im Krankenhaus.

Nun leiden Menschen mit chronischem Nierenversagen im Vergleich zur Normalbevölkerung ohnehin häufiger an Depressionen. Mit Schmerzen konfrontiert sind sogar vier von fünf Dialysepatienten. Eine Depression könnte also auch einfach Folge der gesundheitlichen Komplikationen sein. Ebenso ist fraglich, ob Schmerzen tatsächlich ursächlich für eine geringere Compliance und häufigere Krankenhausaufenthalte verantwortlich sind. „Wir sind nicht in der Lage, aus den Daten zu schließen, ob wirklich ein kausaler Zusammenhang besteht“, stellt Weisbord daher klar. Dazu müsse man sich erst einmal anschauen, ob eine Behandlung der Depressionen und der Schmerzen überhaupt einen positiven Einfluss auf Compliance, Gesundheitszustand und Sterblichkeit der Patienten ausübt. Um diese Fragen anzugehen, seien weitere Studien notwendig, betont er.

Die Autoren weisen in ihrer Arbeit auch auf die hohen Kosten für die Gesundheitssysteme hin, die chronische Erkrankungen wie etwa dauerhaftes Nierenversagen verursachen. Sollten künftige Untersuchungen zeigen, dass Antidepressiva oder eine adäquate Schmerztherapie den Behandlungserfolg steigern und die Sterblichkeit mindern, könnten die Beitragszahler profitieren, und vor allem ließen sich Lebensqualität und Lebenserwartung der betroffenen Patienten steigern.

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Quelle: „Associations of Depressive Symptoms and Pain with Dialysis Adherence, Health Resource Utilization, and Mortality in Patients Receiving Chronic Hemodialysis“, Steven D. Weisbord et al.; Clinical Journal of the American Society of Nephrology (CJASN), im Druck


 

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