Schmerzhafte Hautinfektion: Bakterien reizen den Nerv
„Wenn wir den Schmerz in infizierten Geweben dämpfen könnten und auch die Schmerzneuronen daran hindern könnten, auf das Immunsystem einzuwirken, würde das vielleicht die Behandlung bakterieller Infektionen verbessern“, sagt Isaac Chiu aus dem Forscherteam von Clifford Woolf an der Harvard Medical School in Boston. Die Forscher haben eine bisher unbekannte Wirkung von bakteriellen Infektionserregern auf schmerzauslösende Nervenendigungen in der Haut entdeckt. In ihren Experimenten infizierten sie Mäuse mit Staphylococcus aureus, einem Erreger schmerzhafter Hautinfektionen. Anschließend verfolgten sie, wie sich die Schmerzempfindlichkeit der infizierten Stelle im Verlauf von drei Tagen veränderte. Die Forscher beobachteten, dass der Schmerz parallel zur Bakterienzahl bereits in den ersten sechs Stunden zunahm und nach einem Tag mit abnehmender Bakterienzahl wieder geringer wurde. Dagegen war die Schmerzstärke unabhängig vom Ausmaß der Hautschwellung und von anderen Entzündungsmerkmalen. Das erste Schmerzmaximum stellte sich schon ein, bevor sich Immunzellen ansammelten und weitere Entzündungsreaktionen auslösten. Diese verursachten dann später – mit einem Maximum nach 48 Stunden – einen erneuten Anstieg des Schmerzpegels.
Es stellte sich heraus, dass für die frühen Schmerzsignale zwei Substanzen verantwortlich waren, die die Staphylokokken freisetzten – ein Peptid und das sogenannte alpha-Toxin. Deren Kontakt mit den Nervenzellen hatte zusätzlich zur Folge, dass Zellen der angeborenen Immunabwehr sowie T- und B-Zellen der erworbenen Immunabwehr an ihrer normalen Funktion gehindert wurden, die Bakterien zu eliminieren. Chiu vermutet, dass der Sinn dieser Reaktion darin liegen könnte, das Gewebe vor überschießenden Entzündungsreaktionen zu schützen – aber das nutzen die Bakterien aus. „Die Fähigkeit der Bakterien, auf direktem Weg Schmerz zu erzeugen“, sagt Chiu, „könnte ihnen einen Vorteil verschaffen, indem sie dabei gleichzeitig die Immunabwehr unterdrücken – obwohl wir das bisher noch nicht beweisen konnten“.