Schmelzende Grönland-Gletscher düngen Nordatlantik

Hohe Eisenanteile führen zu verstärktem Algenwachstum – langfristige Folgen für das Ökosystem des Nordmeers und das Erdklima noch nicht absehbar
Gletscher auf Grönland: Proben vom Schmelzwasser dieses Gletschers zeigten hohe Anteile bioverfügbaren Eisens, das das Wachstum von Algen im Nordatlantik fördert
Gletscher auf Grönland: Proben vom Schmelzwasser dieses Gletschers zeigten hohe Anteile bioverfügbaren Eisens, das das Wachstum von Algen im Nordatlantik fördert
© Sarah Das
Woods Hole (USA)/Vancouver (Kanada) - Grönlands Gletscher schmelzen in Folge der Erderwärmung und lassen nicht nur den Meerespiegel ansteigen. Parallel gelangen mit dem Schmelzwasser große Eisenmengen in den Nordatlantik und könnten zu einem in seinen Ausmaßen noch nicht absehbaren Algenwachstum führen. Zu diesem Ergebnis kommen kanadische und US-amerikanische Wissenschaftler, die Wasserproben von drei Gletschern im Nordwesten Grönlands analysiert haben. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ berichten, könnte das enthaltene Eisen zu einer vergleichbar starken Düngung des Nordmeeres führen wie Eisenpartikel aus Flüssen oder der Atmosphäre.

„Wir gehen davon aus, dass Gletscher-Schmelzwasser eine signifikante Quelle für bioverfügbares Eisen entlang der Küstengewässer bildet“, schreiben Maya P. Bhatia und ihre Kollegen vom Woods Hole Oceanographic Institution in Massachusetts. Während einer Expedition in den Nordwesten Grönlands sammelten die Forscher Wasserproben von drei Gletschern, deren Schmelzwasser über einen Fjord schließlich in den Nordatlantik gelangten. In diesen entdeckten sie Eisenoxid-Partikel verschiedener Größe sowie hohe Anteile von gelösten Eisen-Verbindungen. Besonders kleine oder gelöste Eisenanteile dienen als Dünger und fördern das Wachstum von einzelligen Meeresalgen.

Obwohl Bhatia und Kollegen nur Schmelzwasserproben aus einer kleinen Region analysiert haben, können sie auf die gesamte bioverfügbare Eisenmenge aller schmelzenden Grönlandgletscher schließen. Ihre Abschätzung ergibt eine jährliche Menge von etwa 300.000 Tonnen. Vergleichbar große Mengen Eisen gelangen bisher nur über Flüsse und Staubpartikel aus der Atmosphäre in das Meerwasser.

„Das Schicksal dieses Eisens und die Konsequenzen für die marine Produktivität müssten allerdings erst bestimmt werden“, erklärt Rob Raiswell von der University of Leeds in einem begleitendem Kommentar. Doch sei durchaus mit einem verstärkten Algenwachstum im Nordatlantik in Folge der Gletscherschmelze zu rechnen. Dies könnte sogar dazu führen, dass die Algen im Nordmeer während der warmen Sommermonate mehr Kohlendioxid verbrauchen als in den vergangenen Jahrzehnten. Versuche mit künstlicher Eisendüngung der Meere konnten diesen Effekt bereits vor wenigen Jahren belegen. Da die Wechselwirkungen zwischen Temperatur, Gletscherschmelze, Algenwachstum und CO2-Speicherung jedoch sehr komplex sind, lässt sich nicht sagen, ob das eisenreiche Schmelzwasser von Grönlands Gletschern einen nachhaltig positiven Klimaeffekt haben könnte.

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