Schleimproteine von Seeanemonen gegen Schwerhörigkeit?
„Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass sich im Lauf der Evolution zumindest einige Mechanismen erhalten haben, durch die geschädigte Haarbündel der Sinneszellen repariert werden“, erklären Glen Watson und seine Kollegen von der University of Louisiana in Lafayette. Haarzellen dienen allgemein als Mechanosensoren, indem sie mechanische Reize in Form von Schall oder Vibrationen mittels haarförmiger Fortsätze registrieren und in Nervensignale umwandeln. Das funktioniert nur dann, wenn die einzelnen Fäden, Stereozilien genannt, untereinander durch Proteine verbunden sind. Dadurch entstehen geordnete Strukturen von Haarbündeln. Durch extreme Reize werden diese Verbindungen aufgelöst und die Sinneszelle kann ihre Funktion nicht mehr erfüllen. In früheren Arbeiten hatten die Forscher schon gezeigt, dass Seeanemonen eine Schädigung ihrer Haarbündel mit Hilfe freigesetzter Reparaturproteine innerhalb weniger Stunden beheben können. Im Experiment ließ sich diese Zeit sogar noch auf acht Minuten verkürzen.
Die neuen Experimente sollten nun prüfen, ob die Seeanemonenproteine auch geschädigte Haarzellen von Mäusen reparieren können. Dazu präparierten die Biologen Haarzellen aus der Hörschnecke junger Mäuse, hefteten sie auf Glasplättchen und hielten sie in einer Nährlösung am Leben. Durch kurzzeitige Übertragung in ein kalziumfreies Medium brachen die Forscher die Verbindungen zwischen den Stereozilien auf und störten so die Funktion der Zellen wie bei einem starken Hörschaden. Dann gaben sie Seeanemonenproteine hinzu, die sie dem Schleim vom Körper der Tiere entnommen hatten. Mit Hilfe einer speziellen Färbemethode ermittelten sie die Funktionsfähigkeit der Haarzellen vor und nach der Behandlung. Schon nach einer Stunde hatten die Zellen die Aktivität intakter Haarzellen nahezu vollständig zurückerlangt, während ohne Proteinzusatz nur ein sehr geringer Reparatureffekt eingetreten war. Auch nahmen die Stereozilien durch die Proteinbehandlung weitgehend wieder die geordneten Strukturen von Haarbündeln an.
Den Autoren zufolge gebe es Hinweise auf Gene im Erbgut der Maus, die für Proteine kodieren, welche den Reparaturproteinen der Seeanemonen sehr ähnlich sind. Es wäre also theoretisch denkbar, körpereigene Proteine zu aktivieren, um geschädigte Haarzellen zu reparieren. Zunächst soll jedoch der Mechanismus aufgeklärt werden, durch den die Proteine ihre Wirkung erzielen.
Aktiver Verstärker im Innenohr
Verschlechtert Hörverlust im Alter die Denkleistung?
Passivrauchen schädigt Gehör von Teenagern