Schaukel gehorcht Einstein

Ein überraschend einfaches Mikrowellen-Experiment ist die erste experimentelle Realisierung einer Jahrzehnte alten theoretischen Gleichung
Diese paarweise angeordneten kleinen dielektrischen Scheibchen sorgen für die passende Mikrowellen-Ausbreitung im Resonator. Im Betrieb ist dieser durch eine weitere metallische Platte geschlossen.
Diese paarweise angeordneten kleinen dielektrischen Scheibchen sorgen für die passende Mikrowellen-Ausbreitung im Resonator. Im Betrieb ist dieser durch eine weitere metallische Platte geschlossen.
© J. A. Franco-Villafañe, National Autonomous University of Mexico Cuernavaca
Cuernavaca (Mexiko) - Als Oszillatoren bezeichnen Physiker Systeme, die nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten schwingen. Der sogenannte Harmonische Oszillator etwa ist ein regelmäßig zwischen verschiedenen Zuständen pendelndes Standardmodell, das alle Studenten der Physik in den ersten Semestern lernen. Seit über zwanzig Jahren ist eine allgemeinere Version dieses Oszillators bekannt, die sogar Einsteins Relativitätstheorie gehorcht. Nach dem britischen Physiker Paul Adrien Maurice Dirac, der eine grundlegende Gleichung hierzu aufstellte, sind solche Systeme auch als Dirac-Oszillatoren bekannt. Einem internationalen Team von Physikern ist es nun erstmals gelungen, ein solches System experimentell nachzubauen. Wie die Forscher im Fachblatt „Physical Review Letters“ schreiben, lassen sich damit nun verschiedene Anwendungen simulieren, die für die Quantenoptik oder auch in der Theorie der Atomkerne wichtig sind.

„Wir haben einen Dirac-Oszillator mit Hilfe von Mikrowellen realisiert“, berichtet John Franco-Villafañe von der Universidad Nacional Autónoma im mexikanischen Cuernavaca. Dazu mussten sie nicht nur geeignete Materialien wählen, sondern diese auch sehr präzise platzieren. Die Forscher arbeiteten mit dünnen nichtleitenden Scheibchen, die sie in einer Reihe zwischen zwei metallischen Platten anordneten. Die Scheibchen waren nur 5 Millimeter hoch und hatten einen Durchmesser von 8 Millimetern. Die obere Platte befand sich 13 Millimeter über der unteren, so dass sich noch ein bisschen Luft über jedem Scheibchen befand. Auf diese Weise konnten die Forscher bewerkstelligen, dass sich die Mikrowellen so in ihrem Aufbau ausbreiteten, wie in der Theorie beschrieben.

Indem die Wissenschaftler die Abstände zwischen den Scheibchen veränderten, konnten sie verschiedene Varianten der Gleichung experimentell nachbauen. Vor allem bei nicht zu starken Mikrowellen-Anregungen, die sie über eine Antenne in ihr Experiment einspeisten, zeigte der Aufbau eine sehr gute Übereinstimmung mit der Theorie. Da dieses Modellsystem sehr allgemein ist, könnte es in ganz unterschiedlichen Gebieten der Physik Anwendung finden. Sowohl in der Kernphysik wie in der Quantenoptik diskutieren Theoretiker Dirac-Oszillatoren, da sie zu den wenigen mathematisch exakt lösbaren relativistischen Systemen gehören. Aber auch verschiedene Wellenfunktionen in der Quantenmechanik oder die Bewegung von Elektronen im Zukunftsmaterial Graphen sind Gebiete, die sich mit der neuen Methode simulieren lassen.

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