Riskanter Körpereinsatz: Kopfbälle können dauerhafte Hirnschäden verursachen

Neues Testverfahren bestätigt bedenkliche Auwirkungen von leichten Kopferschütterungen auf das Gehirn
Nicht nur harmloses Spiel:  Wer beim Fußball auch Kopfbälle spielt, riskiert nachhaltige Hirnschäden
Nicht nur harmloses Spiel: Wer beim Fußball auch Kopfbälle spielt, riskiert nachhaltige Hirnschäden
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Houston (USA) - Boxen, American Football oder Hockey sind Sportarten, bei denen gelegentliche Kopfverletzungen kaum zu vermeiden sind. Dass dies zu Schäden des Gehirns führen kann, ist seit längerem erwiesen. Doch auch einen Fußball zu köpfen kann dauerhafte Beeinträchtigungen der Denkleistung nach sich ziehen – selbst, wenn die Kopferschütterung keine sichtbare Verletzung verursacht hat. Diese Befürchtung haben nun Untersuchungen amerikanischer Forscher bestätigt. Wie sie im Fachblatt „Plos One“ schreiben, würden durch das Köpfen von Bällen die motorischen Fähigkeiten beeinträchtigt und willkürliche Reaktionen verlangsamt. Somit sind nicht nur Sportarten riskant, bei denen Bewusstseinsverluste durch Kopferschütterungen häufiger auftreten.

„Die üblichen neuropsychologischen Testverfahren, die etwa Aufgaben zum visuellen Gedächtnis oder Logikfragen stellen, erkennen Unterschiede der kognitiven Funktionen schlechter als Eyetracking-Verfahren“, sagt Anne Sereno vom University of Texas Health Science Center. Frühere Studien zum Einfluss von Kopfbällen auf das Gehirn hatten formale kognitive Testverfahren genutzt, dabei aber keine negativen Auswirkungen ausmachen können. Die Wissenschaftler um Sereno entwickelten darum eine auf Berührungen eines Bildschirms basierende Testmethode, deren Aufgaben jenen beim Eye-Tracking ähneln. Bei diesem auch als Blickerfassung bezeichneten Testverfahren werden die Augenbewegungen erfasst. So können Bildwahrnehmung- und Erkennung sowie Lernforschritte analysiert werden. Für ihre aktuelle Studie untersuchten Sereno und ihre Kollegen auf diese Weise vor allem die Leistung des Stirnlappens – jener Hirnregion, die am Auslösen willkürlicher Bewegungen beteiligt ist und bei Sportunfällen am häufigsten von traumatischen Schädelverletzungen betroffen wird.

Als Versuchspersonen wählten die Forscher zwölf professionelle Fußballspielerinnen einer Highschool und eine Vergleichsgruppe von ebenso vielen Nichtspielerinnen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren. Die Sportlerinnen spielten bereits seit fünf bis zwölf Jahren regelmäßig Fußball, übten etwa elf Stunden pro Woche und spielten in jeder Trainingseinheit mindestens sechs Kopfbälle. Die Vergleichspersonen hatten noch nie in ihrem Leben Fußball gespielt und niemals einen Ball geköpft. Für den Test nutzten die Forscher eine speziell entwickelte Anwendung auf einem iPad. Diese zeigte den Probandinnen auf dem Bildschirm einen Punkt, dem sie sich entweder mit dem Finger nähern oder sich davon entfernen sollten.

Wie sich zeigte, reagierten die Fußballspielerinnen immer dann langsamer als die Vergleichsgruppe, wenn sie ihren Finger vom Ziel entfernen mussten. Sie agierten aber ähnlich schnell, wenn sie den Finger auf den Punkt zubewegen sollten. Daraus konnten die Forscher Rückschlüsse über die Funktionstüchtigkeit des Stirnlappens gewinnen. Während nämlich Bewegungen auf ein Ziel zu eher durch reflexartige motorische Reaktionen gesteuert wird, erfordert das Wegbewegen von einem Punkt eine willentliche und zielgerichtete Bewegung, welche durch jene Hirnregion gesteuert wird.

Die Wissenschafter entdeckten außerdem, dass die Reaktionszeit der Fußballerinnen umso langsamer war, je länger die jungen Frauen in ihrem Leben schon Fußball gespielt hatten. Damit ist nun eindeutig nachgewiesen, dass das Köpfen von Bällen die motorischen Fähigkeiten beeinträchtigt und willkürliche Reaktionen verlangsamt. Wie die Autoren betonen, bietet die von ihnen entwickelte Anwendung eine schnelle und effektive Möglichkeit, kognitive Veränderungen bei Sportlern zu testen. „Unsere Methode könnte eine empfindlichere Technik sein, kleinere kognitive Veränderungen aufzudecken, welche bisher von weniger sensiblen Verfahren unerkannt geblieben sind“, sagt Anne Sereno. Zudem ließe sich die neue Untersuchungsmethode ihrer Meinung nach auch im klinischen Bereich anwenden.

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