Risiko für Hirntumor steigt mit der Schulbildung

Eine große Langzeitstudie bestätigt einen engen Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Status und der Wahrscheinlichkeit, an einem Gliom zu erkranken
Außer ionisierender Strahlung sind keine speziellen Risikofaktoren für Hirntumoren bekannt.
Außer ionisierender Strahlung sind keine speziellen Risikofaktoren für Hirntumoren bekannt.
© Shutterstock, Bild 1187947
London (Großbritannien)/Stockholm (Schweden) - Schwedische Männer und Frauen, die mindestens drei Jahre an einer Universität studiert haben, erkranken möglicherweise eher an einem Gliom als Menschen ohne höhere Schulbildung. Ein ähnlicher Zusammenhang besteht zwischen der beruflichen Stellung und dem Gliomrisiko. Zudem ist bei ledigen Männern das Risiko geringer als bei verheirateten, während für Frauen der Familienstand in keiner Beziehung zur Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung steht, berichtet ein britisch-schwedisches Forscherteam im „Journal of Epidemiology & Community Health”. Eine Erklärung dieser statistischen Zusammenhänge steht noch aus. Es sei unwahrscheinlich aber auch nicht auszuschließen, so die Autoren, dass Hirntumoren bei Menschen aus unteren Gesellschaftsschichten einfach häufiger unentdeckt bleiben und nicht vollständig registriert werden.

In dieser Studie nicht erfasste Faktoren des Lebensstils könnten vielleicht das erhöhte Gliomrisiko von Menschen mit höherem sozioökonomischem Status erklären, schreiben Amal Khanolkar vom University College London und seine Kollegen vom Karolinska-Institut in Stockholm. Allerdings seien bisher kaum Merkmale wie etwa Rauchen, Alkoholkonsum oder Bewegungsmangel bekannt, die das Risiko von Hirntumoren beeinflussen. Die Forscher nutzten Daten sämtlicher etwa 4,3 Millionen Schweden, die zwischen 1911 und 1961 geboren wurden und 1991 noch immer im Land lebten. Im Untersuchungszeitraum von 1993 bis 2010 erkrankten 5735 Männer und 7101 Frauen an Hirntumoren.

Dem nationalen Krebsregister zufolge hatten Männer und Frauen mit Universitätsbildung ein um 19 beziehungsweise 23 Prozent höheres Gliomrisiko als Menschen mit Grundschulbildung. Gliome entwickeln sich aus den Gliazellen von Gehirn oder Rückenmark und zählen zur häufigsten Form von Hirntumoren. Bei Frauen der höchsten Bildungsstufe war zusätzlich die Wahrscheinlichkeit, an einem Meningeom zu erkranken, um 16 Prozent erhöht. Das ist ein Tumortyp, der sich aus den Hirnhäuten entwickelt und bei Männern generell seltener vorkommt. Männer mit sehr hohem Einkommen hatten ein bis zu 14 Prozent erhöhtes Gliomrisiko. Ledige oder erst seit Kurzem verheiratete Männer erkrankten seltener als diejenigen, die schon länger in einer Paarbeziehung lebten. Bei Frauen bestand zwischen Einkommen oder Familienstand und dem Gliomrisiko kein statistischer Zusammenhang. Eine leitende Position in einem nicht handwerklichen Beruf war für beide Geschlechter mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einer Gliomerkrankung verbunden, verglichen mit handwerklichen Tätigkeiten in untergeordneter Stellung.

Es wäre naheliegend anzunehmen, dass Gliome bei Menschen unterer Bildungs- und Einkommensstufen genauso häufig auftreten wie bei anderen, aber weniger vollständig im Krebsregister dokumentiert sind, da diese Bevölkerungsgruppe aus finanziellen Gründen seltener einen Arzt kontaktiert. Diese Erklärung sei aber unwahrscheinlich, da das schwedische Gesundheitssystem im Prinzip allen denselben Zugang zu ärztlicher Behandlung ermögliche, schreiben die Autoren. Dass bei verheirateten Männern häufiger ein Gliom diagnostiziert werde als bei Singles, könnte mit der Aufmerksamkeit der Ehefrau zusammenhängen: Sie würde entsprechende Symptome wie Gedächtnisprobleme, Verwirrtheit und Persönlichkeitsveränderung eher bemerken und den Mann zum Arzt schicken. Möglicherweise seien Ehemänner in dieser Hinsicht weniger aufmerksam, wenn es darum geht, Krankheitsanzeichen ihrer Ehefrau zu erkennen.

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