Ring aus Antimaterie umgibt die Erde

Erdmagnetfeld hält kosmische Anti-Protonen fest, die als Treibstoff für Raumsonden dienen könnten
Sonnenwinde treffen auf das Erdmagnetfeld (Grafik)
Sonnenwinde treffen auf das Erdmagnetfeld (Grafik)
© Nasa
Rom (Italien) - Ein Ring aus Abermilliarden von Antimaterie-Teilchen umhüllt die Erde. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommen italienische Astrophysiker, die mit einem Satelliten eigentlich die kosmische Strahlung untersuchen wollten. Mit ihren Messungen entdeckten sie in einem sehr kleinen Bereich 28 negativ geladene Antiprotonen, die Antimaterie-Partner der Protonen in Atomkernen. Eingefangen in dem Magnetfeld der Erde bilden diese Antiprotonen einen Ring aus Antimaterie, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift "The Astrophysical Journal Letters".

"Die Existenz von Antiprotonen – gefangen im der Magnetosphäre der Erde – wurde in mehreren theoretischen Studien angenommen", schreiben Piergiorgio Picozza und seine Kollegen von der Università di Roma "Tor Vergata". Mit den PAMELA-Detektoren an Bord eines im Juni 2006 gestarteten russischen Satelliten gelang nun der direkte Nachweis. So herrschen im inneren Strahlungsgürtel rund um die Erde ausreichend große Magnetfelder, um die Antiprotonen einzufangen. Bisher waren Astronomen davon ausgegangen, dass die kurzlebigen Antimaterie-Teilchen sehr schnell Richtung Atmosphäre gelenkt würden und dort auf ihre Materie-Gegenstücke träfen. Bei dieser sogenannten Annihilation wandeln sich Materie und Antimaterie in energiereichen Strahlung um.

Kosmische Strahlung ist die Quelle für Antimaterie

Der Ursprung der Antiprotonen liegt in der kosmischen Strahlung, die permanent auf das Magnetfeld der Erde auftrifft. Dabei entstehen zahlreiche neue Teilchen, darunter auch die nun gefundenen Antiprotonen. Obwohl die Astrophysiker nur insgesamt 28 Antiprotonen direkt nachweisen konnten, vermuten sie, dass sich rund um die Erde ein Ring mit Abermilliarden von Antimaterie-Teilchen befindet.

Durch das Erdmagnetfeld werden die Antiprotonen quasi eingefangen und so an ihrer Selbstauslöschung über Annihilation gehindert. Die physikalischen Prozesse, die dieses Einfangen ermöglichen, sind vergleichbar mit den Antimaterie-Fallen, mit denen Teilchenphysiker am Forschungszentrum Cern bei Genf kürzlich Antiwasserstoff-Atome für über 1000 Sekunden konservieren konnten.

Dieser Ring aus Antimaterie sei die reichste Quelle für Antiprotonen nahe der Erde, erklärt das italienische Forscherteam in seiner Studie. Und diese Entdeckung bringt nicht nur der Astrophysik ein Stück mehr Erkenntnis. So können sich die Physiker um Picozza vorstellen, den Antimaterie-Ring in ferner Zukunft quasi als Tankstelle für Raumfahrzeuge auf ihrem Weg ins All zu nutzen. Denn ein heute noch utopischer Antimaterie-Antrieb könnte aus der Auslöschung von Antiprotonen und Protonen theoretisch viel effizienter Energie gewinnen als aus allen bekannten Methoden, einschließlich der Kernfusion.

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Quelle: "The discovery of geomagnetically trapped cosmic ray antiprotons",O. Adriani et al.; The Astrophysical Journal Letters, doi: 10.1088/2041-8205/737/2/L29


 

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