Rentiere sehen UV-Licht

Die Sicht im ultravioletten Bereich des Spektrums ermöglicht es den Tieren, überlebenswichtige Dinge wie Flechten oder Fressfeinde leicht erkennen zu können
UV-Sicht ist für Rentiere im arktischen Winter überlebenswichtig
UV-Sicht ist für Rentiere im arktischen Winter überlebenswichtig
© Glen Jeffery, University College London
London (Großbritannien) - Rentiere sehen die Welt mit anderen Augen als gedacht: Die Tiere können Licht aus dem ultravioletten Bereich des Spektrums wahrnehmen, haben britische Biologen beobachtet. Die meisten Säugetiere können UV-Licht nicht sehen. Bereits ihre Linse filtert dieses sehr kurzwellige Licht aus dem Gesamtspektrum des Sonnenlichts heraus. So bleiben besonders empfindliche Teile des Auges wie die Netzhaut vor möglichen Schäden durch die energiereiche Strahlung geschützt. Rentieren jedoch hilft die UV-Sicht, in den weiten Schneelandschaften ihres Lebensraumes überlebensnotwendige Details wie Futterquellen oder Räuber besonders leicht erkennen zu können, berichten die Forscher im "Journal of Experimental Biology" (doi:10.1242/jeb.053553).

"Es bleibt die Frage, warum UV-Licht die Augen von Rentieren nicht zu schädigen scheint", rätselt Glen Jeffery vom University College London, Hauptautor der Studie. "Vielleicht ist es nicht so schädlich für die Augen, wie wir zunächst dachten? Oder sie haben einen einzigartigen Weg gefunden, sich zu schützen." Davon könne man lernen, neue Strategien zum Schutz vor oder für die Behandlung von UV-Schäden am menschlichen Auge zu entwickeln, wie sie etwa bei Schneeblindheit entstehen. In einer Reihe unterschiedlicher Experimente hatten Jeffery und Kollegen untersucht, welche Wellenlängen des Lichts Rentiere sehen können. Ihr Fazit: Die Sicht der Tiere reicht sogar in Bereiche zwischen 350 bis 320 Nanometern. Dieser Wellenlängenbereich kann für das menschliche Auge nur durch technische Hilfsmittel sichtbar gemacht werden - Menschen sind in der Lage, Licht mit Wellenlängen zwischen etwa 700 Nanometern und 400 Nanometern zu sehen. Dies entspricht einem intensiven Rot beziehungsweise Violett.

Für Rentiere ist die UV-Sicht der Studie zufolge von enormer Bedeutung: Die Biologen entdeckten, dass Rentiere ultraviolettes Licht nicht einfach nur sehen können, sondern die mit der UV-Sicht wahrgenommenen Bilder auch tatsächlich Sinn für ihr Überleben machen. Denn in den harten arktischen Wintern sind weite Flächen des Landes schneebedeckt. Die Sonne übersteigt den Horizont kaum, so dass es meist relativ dunkel bleibt. Von dem wenigen Licht wird vor allem kurzwelliges im blauvioletten und ultravioletten Wellenlängenbereich von dem weißen Schnee stark gestreut und zurückgeworfen. Damit erlangt Licht dieser Wellenlängen eine besondere Bedeutung.

Zwtl: Wichtige Details gut zu sehen - dank UV-Sicht

"Als wir Kameras einsetzen, die UV-Licht aufzeichnen können, stellten wir fest, dass es da einige sehr wichtige Dinge gibt, die UV-Licht absorbieren und deshalb schwarz erscheinen im starken Kontrast zum Schnee", erklärt Jeffery. Dazu gehören Flechten, die eine der Hauptnahrungsquellen im Winter darstellen, Urin-Spuren, die Hinweise auf Räuber und Konkurrenten liefern, sowie Fell, was Räuber wie Wölfe ebenfalls zu auffälligen Objekten macht. Ihre UV-Sicht ermöglicht es den Rentieren damit, extrem kontrastreiche Bilder wahrzunehmen, die überlebenswichtige Details enthalten. Für Tiere, die kein UV-Licht wahrnehmen, ist ein Wolf dagegen unter den Bedingungen des arktischen Winters recht gut getarnt.

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Quelle: "Arctic reindeer extend their visual range into the ultraviolet", Glen Jeffery et al.; "Journal of Experimental Biology" (doi:10.1242/jeb.053553)


 

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