Präventive Paartherapie: Liebesfilme senken Scheidungsrate

Gemeinsames Filmeschauen mit anschließenden Gesprächen über die dargestellte Beziehung können für Paare genauso wirksam sein wie eine professionelle Eheberatung
Liebesfilme anschauen und anschließend darüber reden wirkt wie eine Paartherapie.
Liebesfilme anschauen und anschließend darüber reden wirkt wie eine Paartherapie.
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Rochester (USA) - Frisch Verheiratete könnten von einem Paartherapeuten lernen, was sie für eine lange Dauer ihrer Ehe tun sollten. Die meisten halten aber den Gang zum Psychologen für unnötig, da sie ihre momentane Beziehung ja als glücklich empfinden. Jetzt haben amerikanische Forscher herausgefunden, dass eine simple Form der Selbsttherapie genauso viel Erfolg verspricht: Paare, die sich einen Monat lang wöchentlich einen Liebesfilm gemeinsam angesehen und anschließend darüber diskutiert hatten, verringerten die Wahrscheinlichkeit einer Trennung in den nächsten drei Jahren um die Hälfte. Anstatt unter kostspieliger professioneller Anleitung Fähigkeiten zu Konfliktlösung und Mitgefühl zu trainieren, sei es einfacher und billiger, sich mit Hilfe von Filmen der eigenen Beziehung bewusst zu werden, schreiben die Psychologen im „Journal of Consulting and Clinical Psychology”.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Ehepartner ein ziemlich gutes Gespür dafür haben, welche Verhaltensweisen für ihre Beziehung gut oder schlecht wären. Statt ihnen bestimmte Fähigkeiten zu vermitteln, muss man sie nur zum Nachdenken darüber bringen, wie sie sich zurzeit verhalten“, sagt Ronald Rogge von der University of Rochester. Die meisten Programme, die eine Ehe stabilisieren sollen, benötigen erfahrene Therapeuten, so Rogge. Eine wirksame Selbsttherapie würde es erleichtern, den Paaren zu helfen.

Rogge und seine Kollegen teilten ihre Testpersonen, 174 Verlobte und frisch Verheiratete, in vier Gruppen ein. Die erste Gruppe lernte Techniken des Konfliktmanagements, beispielsweise wie man in einer Diskussion durch „aktives Zuhören“ auf den Standpunkt des Partners eingeht. In der zweiten Gruppe wurden Mitgefühl und Akzeptanz vermittelt, unter anderem wie man als Team zusammenhält. In beiden Fällen hielten Therapeuten einen Monat lang wöchentliche Vorträge, leiteten praktische Übungen und erteilten Hausaufgaben. Die Mitglieder der dritten Gruppe erhielten nach einer kurzen Einführung 47 Liebesfilme – mit der Anweisung, sich im Verlauf eines Monats jede Woche einen zu Hause anzusehen. Anschließend sollten die Paare jeweils 45 Minuten lang über zwölf in einer Liste aufgeführte Fragen diskutieren. Beispiele dafür waren: „Haben die Darsteller im Film ganz offen darüber miteinander gesprochen, wie sie sich wirklich fühlen?“ oder: „Haben sie versucht, mit Humor zu verhindern, dass es verletzend wird?“ Außerdem sollten sich die Testpersonen darüber unterhalten, inwiefern die im Film dargestellte Beziehung Ähnlichkeiten und Unterschiede zur eigenen aufwies. Die vierte Gruppe diente als Kontrolle und erhielt keinerlei Anweisungen.

Nach drei Jahren lag die Trennungsrate in der Kontrollgruppe bei 24 Prozent. Zur Überraschung der Forscher hatte sich dieser Wert in allen übrigen Gruppen gleichermaßen auf 11 Prozent verringert. Das wöchentliche Anschauen eines Films mit darauf folgender Diskussion war demnach genauso effektiv wie die beiden relativ aufwendigen professionellen Paartherapien. Offenbar verfügen viele Ehepartner bereits über die Fähigkeiten, die für eine länger andauernde Partnerschaft nötig sind. Die Paare müssen nur angeregt werden, diese auch zu praktizieren, sagt Thomas Bradbury, ein Mitglied der Forschergruppe.

Sich Zeit zu nehmen und gemeinsam die eigene Beziehung objektiv zu betrachten, sei wahrscheinlich nicht nur zu Beginn einer Ehe hilfreich, sagt Rogge. Das lasse sich daraus schließen, dass einige der frisch verheirateten Studienteilnehmer bereits seit sieben Jahren zusammen waren. Es könne sich auch für ältere Paare auszahlen, zumindest einmal im Jahr – beispielsweise am Hochzeitstag – gemeinsam einen Liebesfilm, anzusehen und darüber zu reden. „Das wäre doch eine wunderbare Idee“, so Rogge, „und ein großartiges Geschenk, das sich ein Paar jedes Jahr gegenseitig machen könnte.“

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