Prähistorischer Zahnstein gibt Aufschluss über Pflanzenkost

Schon vor der Entwicklung des Ackerbaus nutzten Steinzeitmenschen verschiedene Pflanzen - wahrscheinlich nicht nur als Nahrung, sondern auch als Heil- oder Würzmittel
Etwa 2000 Jahre altes Skelett eines jungen Mannes aus einem Grab am Fundort Al Khiday
Etwa 2000 Jahre altes Skelett eines jungen Mannes aus einem Grab am Fundort Al Khiday
© Donatella Usai/Centro Studi Sudanesi and Sub-Sahariani (CSSeS) / Usage Restrictions: CC-BY
Barcelona (Spanien) - Über Jagd und Fleischkonsum prähistorischer Jäger und Sammler geben Knochenfunde ihrer Beutetiere Auskunft. Aber viel schwieriger ist es zu ermitteln, welche Pflanzen sie gegessen haben. Ein Team europäischer Archäologen hat jetzt Skelette von Menschen untersucht, die in der Zeit vor bis nach der Entwicklung des Ackerbaus im Sudan lebten. Chemische und mikroskopische Analysen des Zahnsteins ergaben, dass über die gesamte Zeitspanne von 7.000 Jahren die stärkehaltigen Knollen eines Zypergrases auf dem Speiseplan standen. Wahrscheinlich nutzten die Menschen die Pflanze nicht nur als Nahrungsmittel, sondern auch zu medizinischen Zwecken und zum Würzen, schreiben die Forscher im Fachblatt „PLoS One“. Da die Knollen einen Wirkstoff enthalten, der Karieserreger hemmt, könnte der nach dem Übergang zum Ackerbau beibehaltene Verzehr erklären, warum das Ausmaß an Karies bei diesen Menschen erstaunlich gering war.

„Unsere Ergebnisse bestätigen, dass prähistorische Menschen bereits lange Zeit vor der Entwicklung des Ackerbaus über detaillierte Kenntnisse von Pflanzen verfügten“, sagt Karen Hardy von der Universitat Autònoma de Barcelona. Zusammen mit Kollegen aus Großbritannien und Italien analysierte sie versteinerte Zahnbeläge von menschlichen Skeletten aus einer archäologischen Fundstelle im Zentralsudan. Die am Weißen Nil in der Nähe der Stadt Omdurman gelegene Region Al Khiday war bereits vor 9.000 Jahren von Jägern und Sammlern besiedelt. Proben von 19 Skeletten aus drei Zeitperioden wurden mit Hilfe von Gaschromatographie und Massenspektrometrie auf organische Bestandteile untersucht. Das Mikroskop lieferte zusätzlich Hinweise auf Stärkekörner und andere Mikrofossilien, die Rückschlüsse auf die Art und Zubereitung der pflanzlichen Nahrung ermöglichten. Die ältesten Funde stammten aus einer Zeit vor 6.700 vor Chr. – eine exaktere Datierung war nicht möglich. Die jüngsten Skelette waren etwa 2.000 Jahre alt.

Sämtliche Proben ließen erkennen, dass die Menschen ihre Nahrung durch Erhitzen zubereitet hatten. Die chemischen Analysen erlaubten die Identifizierung eines Hauptnahrungsmittels: Reste von Knollen des Nussgrases (Cyperus rotundus) waren in allen Zahnbelägen nachweisbar. Dieses Zypergras ist in tropischen und subtropischen Regionen weit verbreitet und zählt dort heute zu den besonders hartnäckigen Ackerunkräutern. Die Forscher fanden auch Spuren anderer Pflanzen, die sie jedoch nicht eindeutig zuordnen konnten. Die Menschen nutzten also nach dem Übergang zur Ackerbaukultur weiterhin die Knollen, obwohl doch leichter verfügbare – und besser schmeckende – Feldfrüchte zur Verfügung standen. Die Wissenschaftler erklären das damit, dass die Knollen nicht nur als Nahrungsmittel sondern wohl auch als Heil- und Würzmittel eingesetzt worden sind. Auch die alten Ägypter nutzten dieselbe Pflanze für medizinische Zwecke und zur Herstellung von Parfüm. Der Übergang zum Ackerbau ist mit einem vermehrten Verzehr von Kohlenhydraten verbunden, was das Kariesrisiko erhöht. Im vorliegenden Fall aber waren die Zähne der jüngsten Skelette am wenigsten von der Zahnfäule betroffen. Inhaltsstoffe der Nussgrasknollen, die das Wachstum des Karieserregers Streptococcus mutans hemmen, wären eine naheliegende Erklärung dafür.

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