Paracetamol dämpft Schmerz - und Emotionen

Nach Einnahme des Medikaments werden sowohl positive als auch negative Gefühle weniger stark empfunden
Paracetamol ist ein frei verkäufliches Medikament mit schmerzlindernder und fiebersenkender Wirkung.
Paracetamol ist ein frei verkäufliches Medikament mit schmerzlindernder und fiebersenkender Wirkung.
© Shutterstock, Bild 150491312
Columbus (USA) - Eines der weltweit am häufigsten eingesetzten frei verkäuflichen Schmerzmittel hat eine bisher unbekannte Nebenwirkung: Paracetamol lindert nicht nur Schmerzen, sondern dämpft auch positive und negative Gefühle, berichten amerikanische Psychologen. Die Teilnehmer ihrer Studie sollten die Stärke der eigenen Emotionen beurteilen, die sie beim Betrachten spezieller Fotos empfanden. Hatten sie zuvor Paracetamol eingenommen, waren ihre Reaktionen weniger extrem als nach Einnahme eines Placebos, schreiben die Forscher im Fachblatt „Psychological Science”. Die Ergebnisse unterstützen eine Theorie, wonach die Stärke einer emotionalen Reaktion auf positive oder negative Ereignisse in beiden Fällen von denselben biochemischen Faktoren kontrolliert wird.

„Wer Paracetamol eingenommen hatte, fühlte nicht dieselben Hochs und Tiefs wie diejenigen in der Placebogruppe“, sagt Baldwin Way von der Ohio State University in Columbus, der Leiter des Forscherteams. Dabei seien sich die meisten Menschen wahrscheinlich gar nicht bewusst, dass das Medikament ihre Emotionen beeinflussen könnte. An der Studie nahmen 82 Studenten teil, von denen die Hälfte Paracetamol in einer Dosis von 1000 Milligramm einnahm, während die anderen ein Placebo erhielten. Nach einer Wartezeit von einer Stunde wurde jedem Probanden eine Serie von 40 Fotografien vorgelegt, die entweder positive oder negative Gefühle zum Ausdruck brachten oder aber ganz neutral wirkten. Mit Hilfe einer Skala von 0 bis 10 bewertete jeder die Stärke der Emotion, die deas Betrachten jedes einzelnen Bildes auslöste. Dieses Vorgehen ist eine standardisierte Methode in der Psychologie, um Gefühlsreaktionen zu erzeugen und zu messen.

Die Personen, die das Schmerzmittel bekommen hatten, schätzten ihre Emotionen im Vergleich zu den anderen als deutlich schwächer ein. So erzielte beispielsweise das Foto eines weinenden unterernährten Kindes in der Placebogruppe im Durchschnitt einen hohen negativen Emotionswert von 6,8. Unter dem Einfluss von Paracetamol lag dieser Wert nur noch bei 5,8. Denselben Unterschied lieferte eine Foto, das spielende Kinder zeigte und damit stark positive Gefühle hervorrief. In der Reaktion beim Anblick neutraler Bilder wie dem einer Kuh auf der Weide unterschieden sich beide Gruppen nicht. Das Schmerzmittel bewirkte also generell, dass positive Bilder als weniger positiv und negative Bilder als weniger negativ empfunden wurden.

Als Kontrolle diente eine weitere Studie mit 85 Teilnehmern, die denselben Test absolvierten, aber zusätzlich den Gehalt an blauer Farbe in jedem Foto beurteilen sollten. Damit prüften die Forscher, ob Paracetamol ganz allgemein die Fähigkeit der quantitativen Beurteilung beeinflusst, auch wenn es sich um nicht emotionale Merkmale handelt. Tatsächlich ergaben sich bei der Bewertung des Farbgehalts keine Unterschiede zwischen der Medikamenten- und der Placebo-Gruppe.

Ob auch andere häufig genutzte Schmerzmittel wie Aspirin und Ibuprofen eine ähnliche Nebenwirkung auf Emotionen haben, soll in weiteren Studien untersucht werden. Diese beiden Medikamente haben jedoch einen anderen Wirkmechanismus als Paracetamol, so dass sich der beobachtete Effekt auf Paracetamol beschränken könnte. Möglicherweise beeinflusst das Mittel eine biochemische Reaktion, die sowohl die Stärke von positiven als auch von negativen Gefühlen kontrolliert, vermuten die Autoren. Diese Vorstellung könnte zudem erklären, warum Menschen, die extrem positiv auf glückliche Umstände reagieren, andererseits auch ein Unglück viel stärker empfinden als andere Menschen.

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