Noch kein Exportschlager: Chinesischer Tee aus Insektenkot

Als Ausgangsmaterial für das schmackhafte und gesunde Heißgetränk dienen Kotkrümel, die Schmetterlingsraupen beim Blattfraß produzieren
Raupen von Eulenfaltern und Zünslern produzieren den Kot für die Insektentees. (Abgebildet ist eine Raupe der Achateule Phlogophora meticulosa.)
Raupen von Eulenfaltern und Zünslern produzieren den Kot für die Insektentees. (Abgebildet ist eine Raupe der Achateule Phlogophora meticulosa.)
© Olaf Leillinger / Creative Commons (CC-BY-SA-3.0), http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en
Peking (China) - Grüner und schwarzer Tee aus Blättern der Teepflanze Camellia sinensis werden weltweit wegen ihrer vielfältigen gesundheitsfördernden Wirkungen geschätzt. Weniger bekannt, aber von ähnlichem Gesundheitswert könnte ein anderes traditionelles Getränk aus der Produktpalette der chinesischen Teekultur sein: sogenannter Insektentee, der in Gebirgsregionen Südwestchinas verbreitet ist. Er besteht aus einem heißen Aufguss des Kots, den Schmetterlingsraupen beim Blattfraß produzieren und auf getrockneten Blättern von Apfelbäumen oder anderen Pflanzen hinterlassen haben. Der angeblich wohlschmeckende Tee hat sich in der Volksmedizin als wirksam gegen Magen-Darm-Beschwerden erwiesen und kann Studien zufolge helfen, Blutdruck und Blutzuckerspiegel zu senken sowie die Blutfettwerte zu normalisieren, berichten chinesische Forscher im Fachblatt „Food Research International“.

„Zurzeit wird Insektentee nur von einem kleinen Teil der chinesischen Bevölkerung getrunken und viele Menschen empfinden einen Tee aus Insektenkot als abstoßend“, schreiben die Wissenschaftler um Peigen Xiao vom Institute of Medicinal Plant Development in Peking. Doch wenn weitere klinische Studien die gesundheitlichen Wirkungen bestätigen, könne das die Akzeptanz des Getränks vielleicht schnell verbessern. Streng genommen ist Insektentee gar kein Tee, da pflanzliche Inhaltsstoffe nicht direkt, sondern erst nach Passage durch den Darm von Raupen in den Aufguss gelangen. Aber die Zubereitung des Getränks durch Aufgießen von heißem Wasser ist dieselbe wie für die üblichen Kräutertees.

Bei einer der unterschiedlichen Herstellungsarten geht man von Blättern eines Apfelbaums (Malus sieboldii) aus. Diese werden abgekocht, luftgetrocknet, mit Reiswaschwasser besprüht und an einem trockenen Ort im Haus gelagert. Im Verlauf mehrerer Wochen und bei wiederholtem Besprühen werden Schmetterlinge aus der Familie der Zünsler (Aglossa dimidiate) angelockt, die Eier darauf ablegen. Alternativ eignen sich auch Blätter von Lorbeergewächsen und einigen anderen Pflanzen, auf welche Zünsler oder Eulenfalter ihre Eier deponieren. Die geschlüpften Raupen ernähren sich von den Blättern und hinterlassen Kot. Die Kotkrümel werden durch Sieben von Raupen und Blattresten abgetrennt und bilden das Ausgangsmaterial für die Teebereitung. Aus zehn Kilogramm Blättern lassen sich innerhalb eines Jahres etwa ein Kilogramm Raupenkot produzieren. Nach Angaben der Autoren liegt der Preis für das Rohprodukt zwischen 25 und 35 Dollar pro 500 Gramm. Die Ladenpreise können bis zu zehnfach höher sein.

Chemischen Analysen zufolge enthält das fertige Getränk Flavonoide und Polyphenole und ist reich an Aminosäuren und Mineralstoffen, darunter Magnesium, Mangan, Zink und Kalzium. Allerdings schwankt der Gehalt an Inhaltsstoffen, je nachdem welche Blätter und Insekten zur Produktion genutzt werden. Qualitätskontrollen seien wichtig, so die Forscher, um Belastungen mit Schwermetallen und Verunreinigungen durch Mikroben auszuschließen. Nach bisherigen Tests seien die Getränke aber unbedenklich. Tierversuche bestätigten die überlieferte positive Wirkung von Insektentee auf die Darmfunktion. Es gibt Hinweise darauf, dass dies auf einem entzündungshemmenden Effekt und einer Förderung gesunder Darmkeime beruht. In Experimenten mit Mäusen und Ratten senkte der Tee den Blutzuckerspiegel, verhinderte einen Anstieg der Cholesterinwerte und verringerte den Blutdruck. Die Autoren fordern mehr klinische Studien, um diese gesundheitsfördernden Wirkungen genauer zu untersuchen. Das sei eine der Voraussetzungen, die nötig wären, um den Insektentee doch noch zu einem populären Getränk zu machen.

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