Nikotinentzug: Je süchtiger, desto dicker

Wenn jemand mit dem Rauchen aufhört, steigt das Risiko der Gewichtszunahme, wenn die Abhängigkeit vom Tabak besonders groß war
Wer das Rauchen aufgibt, läuft Gefahr, zunächst zuzunehmen.
Wer das Rauchen aufgibt, läuft Gefahr, zunächst zuzunehmen.
© J. O. Löfken
Kyoto (Japan) - Wer das Rauchen aufgibt, nimmt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu. Besonders bedroht von diesen unerwünschten Pfunden sind offenbar diejenigen, die körperlich besonders stark vom Tabak abhängig sind. Das bestätigen japanische Forscher nach einer Studie mit knapp 200 Ex-Rauchern und -Raucherinnen, die unter medizinischer Aufsicht von der Sucht losgekommen waren. Außerdem tragen erhöhte Blutfettwerte zu einer stärkeren Gewichtszunahme bei, berichten sie im Fachblatt „PLoS ONE“. Keine signifikante Rolle spielt ihren Ergebnissen zufolge, ob Pflaster oder Tabletten bei der Entwöhnung unterstützen. Bei Rauchern mit hoher Nikotinabhängigkeit sollte bei der Entwöhnungstherapie insbesondere gezielt gegen Gewichtszunahme eingeschritten werden, folgern die Mediziner.

„Der Zweck dieser Studie war es, Faktoren zu identifizieren, die mit der Gewichtszunahme während einer Therapie zur Einstellung des Rauches einhergehen“, schreiben Koji Hasegawa vom National Hospital Organization Kyoto Medical Center und Kollegen. „Sie zeigt, dass Raucher mit einer hohen Punktzahl im Fagerström Test für Zigarettenabhängigkeit während der Therapie mit einer höheren Wahrscheinlichkeit an Gewicht zunehmen.“ Die Mediziner hatten die Daten von insgesamt 132 Männern und 54 Frauen analysiert, die erfolgreich eine ambulante Therapie in einer Klinik hinter sich gebracht hatten, um sich das Rauchen abzugewöhnen. Wie stark deren körperliche Abhängigkeit vom Tabakkonsum war, bestimmten sie vorab anhand des Fagerström Tests für Zigarettenabhängigkeit – je höher der Wert, desto stärker die Abhängigkeit. Außerdem erfassten die Forscher die Entwicklung des Körpergewichts anhand des BMIs der Probanden und mögliche Einflussfaktoren darauf – darunter bestimmte Blutwerte sowie Nikotinplaster und ein Medikament mit dem Wirkstoff Vareniclin als Hilfsmittel zur Entwöhnung.

Das Ergebnis: Insbesondere eine stärkere Abhängigkeit erwies sich als guter Faktor zur Prognose, denn eine höhere Punktzahl im Fagerström Test ging mit einer erhöhten Gewichtszunahme nach der Entwöhnung einher. Doch auch die Blutfettwerte ließen Schlüsse auf die Entwicklung des Körpergewichts zu: Wer höhere Triglycerid-Werte oder niedrigere Werte des sogenannten „guten” Cholesterins hatte, besaß ein höheres Risiko, mehr Kilos zuzulegen.

Dass Raucher an Gewicht zulegen, wenn sie die Sucht aufgeben, ist bekannt. Männer nehmen durchschnittlich 2,8 Kilogramm zu, Frauen 3,8 Kilogramm. Das sind aber lediglich Durchschnittswerte – bei mehr als zehn Prozent sind es 13 Kilogramm oder mehr, schreiben die Forscher in ihren Ausführungen. Mögliche Ursachen dafür sind etwa die Gewohnheit und das Verlangen, etwas im Mund zu haben, verbesserte Geruchs- und Geschmacksempfindungen sowie veränderter Appetit durch den Nikotinentzug und damit einhergehende erhöhte Kalorienaufnahme ebenso wie verringerte körperliche Aktivität und Stoffwechselveränderungen. Das Gewicht steigt rund drei Jahre lang an, nachdem mit dem Rauchen aufgehört wurde. Danach sinkt es wieder ab, so dass nach sieben bis acht Jahren wieder das Ausgangsgewicht erreicht wird.

Auch wenn es grundsätzlich in jedem Fall der Gesundheit dient, das Rauchen aufzugeben, birgt die damit verbundene Gewichtszunahme gesundheitliche Risiken wie Herz-Kreislauferkrankungen oder Stoffwechselstörungen. Daher suchen Mediziner nach Faktoren, die helfen könnten vorherzusagen, wer ein besonders hohes Risiko dafür hat. Als bisher bekannter Einflussfaktor galt beispielsweise, ein sehr starker Raucher zu sein. Doch es mangelte laut Hasegawa und Kollegen bisher an klaren, verlässlichen Faktoren, die in der klinischen Praxis im Vorfeld der Therapie eine Vorhersage ermöglichen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Raucher stark zunimmt. Mit ihren Ergebnissen konnten die japanischen Mediziner nun einen Anfang machen, diese Lücke zu füllen.

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