Neuer Wirkstoff gegen Grippeviren

Im Tierversuch erweist sich ein Hemmstoff mit neuem Wirkmechanismus als viel versprechendes Mittel gegen Infektionen mit Influenza A-Viren
Hongkong - Die Grippemittel Tamiflu und Relenza wirken, indem sie das Virusprotein Neuraminidase blockieren. Jetzt haben Forscher aus Hongkong einen Hemmstoff gefunden, der ein anderes Protein des Influenzavirus A angreift. Er stört die für die Virusvermehrung notwendigen Funktionen des so genannten Nukleoproteins. Im Tierversuch verringerte der Hemmstoff die Sterberate von Mäusen, die mit einer tödlichen Dosis von Grippeviren infiziert waren, um die Hälfte. Damit stünde eine Ausgangssubstanz für ein alternatives Grippemittel zur Verfügung, das auch gegen solche Virustypen eingesetzt werden könnte, die bereits gegen die verfügbaren Medikamente resistent geworden sind, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Nature Biotechnology".

"Nucleozin löst die Bildung von Aggregaten des Nukleoproteins aus, verhindert dessen Ansammlung im Zellkern und stoppt damit die Virusvermehrung", schreiben Richard Kao von der University of Hong Kong und seine Kollegen. Die Substanz Nucleozin fanden die Forscher, indem sie eine Sammlung von über 50.000 chemischen Verbindungen auf ihre Wirksamkeit gegen Influenza A-Viren prüften. Sie konnten schließlich nachweisen, dass sich Nucleozin direkt an das Nukleoprotein - eines von elf Proteinen des Grippevirus - anlagert. In Versuchen mit Zellkulturen verhinderte die Substanz bereits in geringsten Konzentrationen die Vermehrung von zwei Grippevirustypen.

Für ihre Tierversuche infizierten die Forscher Mäuse mit Influenzaviren des Typs H5N1. Ohne Behandlung starben alle Tiere nach sieben Tagen. Bei Behandlung mit Relenza überlebten alle Mäuse. Nucleozin hatte eine Erfolgsrate von 50 Prozent. Die Zahl der Viren in der Lunge sechs Tage nach der Infektion war nur ein Zehntel so hoch wie bei unbehandelten Mäusen. Nach weiterer Optimierung, so die Forscher, hätte der Hemmstoff das Potenzial, zu einem neuen Medikament gegen gefährliche Grippeviren weiterentwickelt zu werden. Es wäre auch gegen Erreger wirksam, die gegen die bereits vorhandenen Mittel resistent geworden sind. Es würde sich vielleicht auch lohnen, die Nukleoproteine anderer viraler Krankheitserreger daraufhin zu untersuchen, ob sie sich als Ansatzpunkte für neue Hemmstoffe eignen.

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Quelle: "Identification of influenza A nucleoprotein as an antiviral target", Richard Y Kao et al., Nature Biotechnology, Online-Publikation, DOI: 10.1038/nbt.1638


 

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