Natürlicher Botenstoff verringert Lungenschäden durch Grippeviren

Das von Immunzellen freigesetzte Interleukin-22 kann eine oft tödlich verlaufende Zweitinfektion durch Bakterien verhindern
Eine schwere Grippe erhöht die Gefahr einer Zweitinfektion der Lungen durch Bakterien.
Eine schwere Grippe erhöht die Gefahr einer Zweitinfektion der Lungen durch Bakterien.
© United States Centers for Desease Control and Prevention / Wikimedia, public domain
Lille (Frankreich) - Eine schwere Grippe kann das Lungengewebe stark schädigen und so eine zusätzliche Infektion durch Bakterien begünstigen. Das erhöht die Sterberate der Erkrankten. Jetzt haben französische Forscher in Experimenten mit Mäusen beobachtet, dass Immunzellen zu Beginn der Virusinfektion verstärkt den Botenstoff Interleukin-22 (IL-22) freisetzen. Tiere, die dieses Zytokin nicht bilden konnten, starben eher an einer Zweitinfektion durch Pneumokokken. Wahrscheinlich begrenzt das Interleukin die von den Grippeviren verursachten Schäden der Lungenschleimhaut und erschwert dadurch eine nachfolgende bakterielle Infektion, schreiben die Biologen im „Journal of Virology“.

„Wenn die Wirkung beim Menschen dieselbe ist, könnte die IL-22-Produktion für Grippepatienten von beträchtlichem Nutzen sein“, sagt François Trottein vom Institut Pasteur de Lille. Sein Forscherteam untersuchte die Reaktionen der angeborenen Immunabwehr bei Mäusen, die mit Influenza-A-Viren vom Typ H3N2 infiziert worden waren. Bereits zwei Tage nach Beginn der Infektion verstärkten unterschiedliche Immunzellen im Lungengewebe die Produktion von IL-22. Bei genetisch veränderten Mäusen, denen dieser Botenstoff fehlte, waren der Verlauf der Virusinfektion und die Sterberate ähnlich wie bei normalen Tieren. Das Zytokin hatte demnach keinen Einfluss auf die Virusvermehrung und die Abwehr der Viren durch das Immunsystem.

Aber der Mangel an IL-22 führte zu deutlich größeren Schäden der Lungenschleimhaut. Wurden diese Mäuse nach Infektion mit einer nicht tödlichen Virusdosis auch noch mit Pneumokokken infiziert, breitete sich die Zweitinfektion schneller aus und führte häufiger zum Tod. Die Schutzwirkung des Interleukins beruht also wahrscheinlich darauf, Verletzungen der Schleimhaut zu verhindern oder deren Reparatur zu fördern. Beim Menschen ist oft eine sogenannte Superinfektion durch bakterielle Erreger im Anschluss an die primäre Infektion durch Grippeviren für einen tödlichen Krankheitsverlauf verantwortlich. Möglicherweise könnte eine unterstützende Behandlung mit IL-22 – zusätzlich zum Einsatz von Antibiotika – den Patienten helfen, die Doppelinfektion zu überstehen.

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