Namenforscher wollen Flurnamen retten

Alte Namen für Äcker, Wiesen, Felder oder Wälder geben wertvolle Aufschlüsse über historische oder geografische Gegebenheiten. Da sie aber heute auf Katasterkarten häufig durch Nummern ersetzt werden, sind diese Flurnamen vom Aussterben bedroht
Jena - "Galgenberg", "Wolfshügel", "Fuchsbach" oder "Kornwiesen" - Flurnamen von Äckern, Wiesen, Feldern oder Wäldern sind meist über viele Generationen hinweg mündlich überliefert worden und im 19. und 20. Jahrhundert auch noch auf Katasterkarten geführt worden. Leider werden sie heutzutage auf den Karten häufig durch Nummern ersetzt. Namenforscher, die sich am 1. und 2. Oktober 2009 zum öffentlichen Symposium des Arbeitskreises für Namenforschung treffen, wollen in Flurnamenprojekten diese alten Flurnamen nun vor dem Aussterben bewahren.

Alte Flurnamen liefern heute noch wertvolle Hinweise auf ehemalige Gerichtsstätten, Naturereignisse oder Bewirtschaftungsarten, wie zum Beispiel auf die Drei-Felder-Wirtschaft, auf die Namen wie "Oberfeld", "Mittelfeld" und "Unterfeld" zurückgehen. "Oft beschreiben sie auch Merkmale oder Ereignisse, die die Bevölkerung mit der jeweiligen Örtlichkeit in Verbindung gebracht hat", sagt Eckhard Meineke von der Universität Jena. Früher wurden die alten Flurnamen in Katasterkarten aufgeführt. Mittlerweile werden solche Bezeichnungen jedoch von den Katasterämtern durch Nummern ersetzt. Wenn dann, wie es in Ostdeutschland häufig der Fall ist, die überliefernden alten Menschen sterben und die jungen Leute abwandern, dann sind diese Sprachdenkmäler ganz akut vom Aussterben bedroht. Sprachwissenschaftler der Universität Jena wollen nun die Thüringer Flurnamen sammeln und erforschen.

Für ihr Projekt wollen die Forscher auf das von 1933 bis 1982 an der Universität geführte "Thüringische Flurnamenarchiv" zurückgreifen, in dem etwa 80.000 Flurnamen erfasst sind. Vorher müssen die auf Zetteln und in dreifacher Ausfertigung gesammelten Daten jedoch digitalisiert und aufbereitet werden, um sie vor altersbedingtem Zerfall zu bewahren. Erst dann haben die Wissenschaftler einen Überblick darüber, welche Daten im Archiv bereits enthalten sind und wo noch Forschungsbedarf besteht. Unterstützt werden sie dabei von ehrenamtlichen Heimatforschern, die in den 2700 thüringischen Orten auf Spurensuche gehen und überlieferte Flurnamen sammeln. "Am Ende des Projektes soll ein Thüringischer Flurnamenatlas stehen, in dem neben den Namen auch historische Belege sowie die Herkunft und Bedeutung der einzelnen Namen nachzulesen ist", so Meineke.

Projekte zur Rettung von Flurnamen gibt es auch in anderen Regionen. So unterhält etwa das Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz ein Digitales Flurnamenlexikon, ebenso hat die Universität Bonn das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv. Gemeinsam ist solchen Projekten, dass interessierte und ortskundige Laien eingeladen sind, sich zu beteiligen.

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Quelle: Institut für Germanistische Sprachwissenschaft der Universität Jena


 

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