Nachwachsen: Geweberegeneration dank Natriumeinstrom

Biologen gelingt es, bei Kaulquappen, die diese Fähigkeit eigentlich bereits verloren hatten, mithilfe eines künstlich induzierten Einstroms von Natriumionen das Wachstum eines neuen Schwanzes zu induzieren
Medford/Somerville (USA) - Nach einer Verletzung fehlende Nerven, Muskelfasern und Gefäße nachwachsen lassen zu können, ist wohl ein Traum eines jeden Arztes. Nun haben amerikanische Biologen ein eigentlich überraschend simples Schlüsselelement für die Regeneration von Gewebe gefunden: Natrium. Strömt Natrium in Zellen des verletzen Gewebes hinein, regeneriert dieses. Wird der Einstrom jedoch verhindert, ist auch der Regenerationsprozess blockiert, haben sie bei Kaulquappen beobachtet. Der Prozess des Natriumeinstroms lässt sich auch durch einen bestimmten Wirkstoffcocktail induzieren. Das Zeitfenster, um auf diese Weise die Wiederherstellung anzuregen, ist zudem überraschend lang, berichten sie im "Journal of Neuroscience". Der Effekt funktioniert auch dann noch, wenn Wundheilung und Narbenbildung bereits eingesetzt haben.

"Wir haben das effektive Behandlungsfenster merklich ausgedehnt, indem wir gezeigt haben, dass sogar, nachdem sich bereits eine narbenähnliche Wundbedeckung zu bilden beginnt, die Kontrolle physiologischer Signale immer noch eine Regeneration induzieren kann", erläutert Michael Levin von der Tufts University in Medford/Somerville. "Den Einstrom von Natrium für nur eine Stunde künstlich zu verursachen, kann eine Vielzahl von Problemen überwinden, etwa solche wie den Rückgang regenerativer Fähigkeiten, die mit dem Alter kommen, und den Effekt die Regeneration blockierender Medikamente." Junge Kaulquappen sind noch in der Lage, ihren Schwanz zu regenerieren, falls sie ihn verlieren. Mit dem Altern verschwindet diese Fähigkeit aber. Levin und seine Kollegen hatten festgestellt, dass ein örtlich begrenzter Anstieg von Natrium-Ionen bei den Jungtieren notwendig ist, damit sie ihren Schwanz regenerieren können - ein komplexer Vorgang, bei dem Nerven, Muskeln und andere Gewebearten regeneriert werden müssen.

Die Forscher waren in der Lage, diesen Prozess zu steuern - ihn mithilfe spezieller Wirkstoffe, die den Natriumeinstrom in die Zellen verursachen beziehungsweise blockieren, zu induzieren oder zu blockieren. Auch bei älteren Tieren, welche diese Fähigkeit eigentlich bereits verloren hatten, ließ sich das Schwanzwachstum wieder reaktivieren. Beim Auslösen der Regeneration bildeten sich korrekte Schwanzstrukturen und es kam nicht zu abnormalem Wachstum. Besonders bemerkenswert ist nach Ansicht der Biologen die Entdeckung, dass eine Regeneration des Schwanzes auch noch 18 Stunden nach der Amputation induziert werden konnte. Das zeige, dass selbst Gewebe, von dem für gewöhnlich angenommen wird, dass es keine regenerativen Eigenschaften mehr besitzt, seine wesentlichen Eigenschaften durchaus behält und noch programmiert werden kann, die Regeneration zu reaktivieren - und das mit verhältnismäßig einfachen Mitteln.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Induction of Vertebrate Regeneration by a Transient Sodium Current," Michael Levin et al.; Journal of Neuroscience (Ausgabe vom 29. September)


 

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