Nach dem Infarkt: Mikro-RNA stimuliert Herzregeneration

Spezielle RNA-Moleküle können die Aktivität bestimmter Gene blockieren und dadurch bei Mäusen Herzmuskelzellen zur Vermehrung anregen
Herzmuskelzelle, die ihre Vermehrungsfähigkeit durch MikroRNA miR302-367 wiedererlangt hat (durch Färbung sichtbar gemacht)
Herzmuskelzelle, die ihre Vermehrungsfähigkeit durch MikroRNA miR302-367 wiedererlangt hat (durch Färbung sichtbar gemacht)
© Lab of Ed Morrisey, PhD, Perelman School of Medicine, University of Pennsylvania
Philadelphia (USA) - Ein Herzinfarkt verursacht Schäden, die derzeit nicht heilbar sind. Denn das Herz ist nur in sehr geringem Maß fähig, geschädigtes Gewebe zu regenerieren. Jetzt ist es amerikanischen Medizinern bei Mäusen gelungen, einen körpereigenen Reparaturmechanismus in Gang zu setzen. Die Behandlung mit Mikro-RNA – kleine Nukleinsäuremoleküle, die Genaktivitäten blockieren – regte Herzmuskelzellen dazu an, sich zu vermehren und so die Herzfunktion nach einem Infarkt zu verbessern. Um schwere Nebenwirkungen zu verhindern sei es aber wichtig, dass die Mikro-RNA nur vorübergehend aktiv bleibt, schreiben die Forscher im Fachblatt „Science Translational Medicine”.

„In der nächsten Phase unserer Arbeit wollen wir ermitteln, ob unsere Mikro-RNA-Präparate auch bei einem größeren Tier wirksam sind“, sagt Edward Morrisey von der University of Pennsylvania in Philadelphia. Außerdem wäre es nützlich, ein Verfahren zu entwickeln, durch das die Mikro-RNA anstatt über den Blutkreislauf gezielt in den Herzmuskel verabreicht werden kann. Mikro-RNA-Moleküle kommen in zahlreichen Varianten in allen Zellen unseres Körpers vor. Im Gegensatz zu den Boten-RNAs sind sie viel kürzer und tragen keine Information zur Produktion eines Proteins. Ihre Funktion besteht vielmehr darin, die durch ein aktives Gen produzierte Boten-RNA – und damit die Aktivität dieses Gens – zu inaktivieren.

Morrisey und seine Kollegen konnten eine Gruppe von Mikro-RNAs (miR302-367) identifizieren, die sowohl bei Mäusen als auch bei Menschen für das Herzwachstum von Embryonen notwendig sind. Die Mikro-RNAs hemmten die Aktivität spezieller Gene und blockierten damit die Funktion des sogenannten Hippo-Signalwegs. Kurz nach der Geburt werden die Mikro-RNAs miR302-367 dann nicht mehr gebildet: Der Hippo-Signalweg bleibt aktiv und verhindert die weitere Vermehrung von Herzmuskelzellen. Die Forscher stellten aber fest, dass auch die Herzmuskelzellen erwachsener Mäuse durch Einwirkung der Mikro-RNAs zu erneuter Zellteilung stimuliert werden können.

Nach einem experimentell ausgelösten Herzinfarkt injizierten sie die Mikro-RNAs in das Blut der Tiere. Das regte die Vermehrung von Herzmuskelzellen an und es bildete sich neues Herzgewebe. Wie Experimente mit genetisch veränderten Mäusen zeigten, führt eine dauerhafte Mikro-RNA-Produktion jedoch zu übermäßigem Herzwachstum und schwächt die Organfunktion. Daher verabreichten die Wissenschaftler Mikro-RNA, die so hergestellt war, dass sie mit einer Halbwertszeit von 8 bis 24 Stunden ihre Wirksamkeit verlor. Durch eine siebentägige Behandlung erzielten sie damit eine nur vorübergehende Vermehrung der Herzmuskelzellen. Es entstand neues Herzgewebe mit nur geringer Narbenbildung und verbesserter Herzfunktion. Für einen zukünftigen Einsatz beim Menschen wäre es also wichtig, die Einwirkdauer der verabreichten Mikro-RNA genau so zu wählen, dass zunächst eine effektive Regeneration erfolgt und dann die Zellvermehrung wieder zum Stillstand kommt.

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