Mit Mathematik die Indus-Schrift knacken

Für die Enträtselung der bisher nicht entzifferten Indus-Schrift bemühen Forscher nun die Mathematik
Beispiele für Zeugnisse der Indus-Schrift
Beispiele für Zeugnisse der Indus-Schrift
© J.M. Kenoyer / harappa.com
Seattle (USA)/Mumbai (Indien) - Bei der Jahrtausende alten und auf ihre Entschlüsselung wartenden Indus-Schrift wollen Forscher jetzt mathematische Verfahren zur Entzifferung einsetzen. Erst vor Kurzem zeigte das indisch-amerikanische Team, dass es sich bei der Indus-Schrift um eine Schrift und nicht etwa "nur" Symbole handelt. Jetzt wiesen sie mit Hilfe eines mathematischen Verfahrens nach, dass die Reihenfolge der einzelnen Zeichen bedeutungsvoll ist. Das heißt, die Schriftzeichen folgen einer Syntax, erklärten die Forscher im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences".

"Das statistische Modell liefert Einsichten in die zugrunde liegenden grammatischen Strukturen der Indus-Schrift", erklärt Rajesh Rao von der University of Washington. "Solch ein Modell kann sich als wertvoll bei der Entzifferung erweisen, da jede Bedeutung, die einem Zeichen zugeschrieben wird, einen Sinn ergeben muss im Zusammenhang mit anderen Zeichen, die davor oder dahinter stehen." Für ihre Forschung nutzten die Wissenschaftler das so genannte Markov-Modell, benannt nach dem russischen Mathematiker Andrej Markov (1856-1922). Berechnungen zeigen, dass die Reihenfolge der Zeichen bedeutsam ist. Mithilfe des Modells kann nämlich gezeigt werden: Nimmt man ein Zeichen aus einer Sequenz und verändert seine Position, dann ergibt sich eine neue Sequenz, die eine geringere Wahrscheinlichkeit hat, zur Indus-Sprache zu gehören.

Entdeckt wurde die Indus-Kultur bei Grabungen im Pandschab bereits 1875. Dabei fanden die Archäologen auch Siegel und Amulette mit den rätselhaften Zeichen. Das Hauptproblem bei der Entschlüsselung der Zeichen ist, dass sie sich ausschließlich auf kleinen Gegenständen wie Siegeln und Amuletten befinden. Es gibt also nicht, wie etwa bei den Keilschriften, Tafeln mit längeren Texten. Außerdem hat sich bisher für die Indus-Schrift kein "Stein von Rosette" gefunden, auf dem ein Text der Indus-Schrift auch in einer bekannten Sprache, wie etwa Sanskrit, übersetzt wäre. Die ägyptischen Hieroglyphen hingegen verdanken ihre Entzifferung dem Fund des Steins von Rosette, auf dem sich neben Hieroglyphen auch ihre griechische Übersetzung befand.

Dass es sich bei der Indus-Schrift um Schrift und nicht um Symbole, etwa kultischer Art, handelt, hatte das Team um Rajesh Rao im Frühjahr 2009 nachgewiesen. Hierzu hatten die Wissenschaftler die Zeugnisse der Indus-Schrift mit nicht-sprachlichen Zeichenketten wie der DNA oder bakteriellen Proteinsequenzen und Zeichenketten aus alten Sprachen verglichen. Dabei zeigte sich, dass die Zeichen der Indus-Schrift eine ähnliche Regelmäßigkeit aufwiesen wie die natürlichen Sprachen.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "A Markov model of the Indus script", Rajesh P. N. Rao, Nisha Yadav, Mayank N. Vahia, Hrishikesh Joglekar, R. Adhikari & Iravatham Mahadeva; PNAS 3. August 2009


 

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