Mit Feuer und Wasser archäologische Funde präzise datieren

Mit einer neuen Methode wird es künftig möglich sein, archäologische Funde aus gebranntem Ton oder Lehm bis auf ein Jahr genau zu datieren
Schießscharte im Fangelturm bei Parchim (Mecklenburg). Der Fangelturm war Bestandteil einer Landwehr und wurde um 1360 erbaut. Eine genauere Datierung liegt bisher nicht vor. Solche und andere Bauwerke, deren genaue Entstehungszeit im Dunkeln liegt, könnten vielleicht bald mit der Methode der Rehydroxylation präzise datiert werden.
Schießscharte im Fangelturm bei Parchim (Mecklenburg). Der Fangelturm war Bestandteil einer Landwehr und wurde um 1360 erbaut. Eine genauere Datierung liegt bisher nicht vor. Solche und andere Bauwerke, deren genaue Entstehungszeit im Dunkeln liegt, könnten vielleicht bald mit der Methode der Rehydroxylation präzise datiert werden.
© Doris Marszk
Manchester (Großbritannien) - Eine einfache Methode, basierend auf den chemischen Reaktionen von Feuer und Wasser, könnte die Datierung in der Archäologie revolutionieren. Anwendbar ist die Methode auf alle Materialien aus gebranntem Ton oder Lehm, legt ein britisches Forscher-Team jetzt in den "Proceedings of the Royal Society A" dar. Töpferware, Ziegel und Keramik wären mit dieser "Rehydroxylationsdatierung" bis auf ein Jahr genau zu datieren.

Die Methode fusst auf dem Umstand, dass gebrannter Ton oder Lehm mit der atmosphärischen Feuchtigkeit zusammen chemisch reagiert, sobald er nach dem Brennvorgang aus dem Ofen genommen wird. Diese chemische Reaktion setzt sich fort, solange der gebrannte Gegenstand existiert. Dabei kommt es zu einer kontinuierlichen Gewichtszunahme des Gegenstandes: Je älter das Material, desto größer ist die Gewichtszunahme. Das Forscher-Team um Moira Wilson von der University of Manchester hat bereits 2003 ein neues Gesetz entdeckt, das präzise definiert, wie die chemische Reaktion zwischen Ton oder Lehm und Wasser über die Zeit variiert. Bei der Rehydroxylationsdatierung wird nun eine Probe eines zu datierenden Gegenstandes auf 500 Grad Celsius erhitzt, wobei ihm das Wasser entzogen wird. In einem Messgerät, das bis zu einem Zehntel eines Millionstel Gramms erfasst, wird das Ausgangsgewicht bestimmt und mit dem Gewicht der Probe zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung verglichen. Durch das entdeckte Zeitgesetz ist es möglich, jene Zeit zu berechnen, die der untersuchte Gegenstand benötigt, um die Masse wiederzuerlangen, die beim Erhitzen auf 500 Grad Celsius verloren gegangen war.

An verschiedenen archäologischen Funden, deren Alter mehr oder weniger gut bekannt war, haben die Forscher ihre neue Methode ausprobiert. Ein Stück Ziegel aus römischer Zeit galt als etwa 2000 Jahre alt. Mit der neuen Methode konnte das Fundstück als genau 2001 Jahre alt bestimmt werden. Bei einem anderen Ziegelstück aus der Frühen Neuzeit vermutete man ein Alter zwischen 339 und 344 Jahren. Die "Rehydroxylationsdatierung" ergab, dass das Stück 340 Jahre alt war. Es zeigte sich aber auch, dass die Erhitzung eines Materials auf 500 Grad Celsius und mehr aufgrund von Kriegen oder Naturkatastrophen die "innere Uhr" des Materials wieder auf Null zurückstellt. So stellten Moira Wilson und ihre Kollegen bei einem Ziegelstück aus dem mittelalterlichen Canterbury fest, dass dieses angeblich nur 66 Jahre alt war. Es stellte sich dann aber heraus, dass Canterbury im Jahr 1942 Opfer einer Bombardierung war. Die Hitze, die sich durch diese Brandbomben entwickelte, führte dazu, dass den Ziegeln aus dem Mittelalter das Wasser entzogen worden war und sie also noch einmal gebrannt wurden.

Mit der neuen Methode lassen sich archäologische Funde nachweisbar bis auf rund 2000 Jahre präzise datieren. Aber die Forscher vermuten, dass die "Rehydroxylationsdatierung" das Potenzial besitzt, bis zu einem Alter von 10000 Jahren auf ein Jahr genau zu datieren.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Dating fire-clay ceramics using long-term power-law rehydroxylation kinetics", Moira Wilson et al.; Proceedings of the Royal Society A (2009), im Druck


 

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