Miniatur-Teilchenbeschleuniger für den Labortisch

Laser-Plasma-Beschleuniger erreichen neue Höchstenergien – damit werden neue Anwendungen in Biologie, Medizin und Materialwissenschaften möglich
Dieses Bild zeigt eine Verstärkersstufe des Petawatt-Lasers, der extrem starke Lichtpulse auf einen Punkt konzentrieren kann.
Dieses Bild zeigt eine Verstärkersstufe des Petawatt-Lasers, der extrem starke Lichtpulse auf einen Punkt konzentrieren kann.
© University of Texas, Austin
Austin (USA) - Teilchenbeschleuniger sind üblicherweise riesige Anlagen, die zu den komplexesten und teuersten Forschungsgeräten zählen. Ursprünglich für die physikalische Grundlagenforschung entwickelt, sind sie inzwischen auch aus Medizin, Chemie, Biologie und den Materialwissenschaften nicht mehr wegzudenken. Ein Traum vieler Forscher ist es deshalb, kleine, aber dennoch leistungsstarke Beschleuniger zu bauen, die in Krankenhäusern und Laboren Platz finden. Amerikanische Wissenschaftler haben nun einen weiteren Schritt hin zu solchen Miniatur-Beschleunigern getan. Im Vergleich zu ähnlichen Anlagen konnten sie eine neue Höchstmarke für die Elektronenenergie erzielen, berichten sie im Fachblatt „Nature Communications“. Mit der erzielten Energie von zwei Gigaelektronenvolt rücken interessante Anwendungen in den Blick, denn solch hochenergetische Elektronenstrahlen eignen sich auch zur Erzeugung von Röntgenstrahlung, wie sie vielerorts eingesetzt wird.

„Solche Beschleuniger werden die Röntgenforschung demokratisieren, denn sie ermöglichen Biologen, Chemikern und Materialwissenschaftlern, in kleinen Laboren die Bausteine des Lebens zu untersuchen“, erklärt Studienleiter Mike Downer von der Universität Austin in Texas. „Damit können sie neue Materialien und medizinische Wirkstoffe erproben, was bislang nur in großen, zentralen Forschungseinrichtungen möglich ist.“ Die Forscher erreichten die hohen Energien, indem die Forscher einen ultrastarken Laserstrahl in eine Vakuumzelle mit dünnem Heliumgas einspeisten. Ist der Laser intensiv genug, erzeugt er dort ein Plasma, in dem die Elektronen mitgerissen und blitzschnell beschleunigt werden.

Das Besondere bei diesem Beschleunigertyp ist, dass bei genau passenden Bedingungen Beschleunigungen erreicht werden, für die konventionelle Teilchenbeschleuniger um das Tausendfache größere Beschleunigungsstrecken benötigen. Auf nur wenigen Zentimetern erreichen sie Energien, für die Wissenschaftler sonst Dutzende Meter Technik verbauen müssen. Im Englischen wird dieser Bautyp „Wake Field Accelerator“ genannt, denn „wake“ bedeutet das nachschwappende Kielwasser eines fahrenden Schiffes. Ähnliche Wellen – jedoch solche mit extrem starken elektromagnetischen Feldern – erzeugt der Laserstrahl im Plasma, so dass die Elektronen wie ein Surfer auf dieser Welle reiten können und dabei sehr schnell Energie gewinnen. Im Deutschen ist deshalb auch der Name „Kielfeld-Beschleuniger“ gebräuchlich. Durch die Wechselwirkung von Laser und Plasma entstehen dabei lokal extreme Beschleunigungsspannungen, die sich mit herkömmlicher Technik nicht realisieren lassen, da sie weit über der Durchschlagspannung liegen.

Von der Serienreife sind diese Geräte aber noch ein gutes Stück entfernt. Während große Beschleunigeranlagen konstant laufen, schafft der Laser in Austin nur einen kurzen Schuss pro Stunde. Die Wissenschaftler rechnen aber damit, ihren Prototypen weiter optimieren zu können. Mit besserer Fokussierung der Laserstrahls und einigen anderen Details sollte nach ihren Berechnungen eine nochmals bis zu fünffach höhere Elektronenenergie im Rahmen des Möglichen liegen. Der Laser in Austin ist aber eigentlich für andere Anwendungen als die Kielfeld-Beschleunigung spezifiziert worden. Obwohl er eine 25-fach höhere Leistung hat als das Vorgängermodell, ist die Energieausbeute bei der Beschleunigung bislang nur doppelt so hoch.

Den nächsten wichtigen Schritt erwarten Fachwissenschaftler deshalb von einer optimierten Anlage im kalifornischen Berkeley, wo der Laser bis zu fünf Schuss pro Sekunde abfeuern kann. Aber auch in Deutschland arbeiten Forscher an dieser Zukunftstechnologie. Der Hamburger Beschleunigerexperte Florian Grüner ist zuversichtlich: „Bis 2015 planen wir einen Prototyp, mit dem wir dank der neuen Technologie einen miniaturisierten Röntgenlaser realisieren wollen.“ Ein solcher Apparat für den Labortisch wäre in der Tat für die Röntgenforschung in allen Disziplinen sehr hilfreich.

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