Metastudie bestätigt: Kinder brauchen keine Antibiotika bei Mittelohrentzündung

Eine Behandlung mit den Medikamenten bringt nur wenig Vorteile, dafür aber die Gefahr von Nebenwirkungen mit sich
Los Angeles (USA) - Wenn Kinder eine akute Mittelohrentzündung haben, ist vom Einsatz von Antibiotika eindeutig abzuraten. Die Medikamente wirken nur geringfügig effektiver als gar keine Behandlung, bestätigt eine Metastudie amerikanischer Ärzte. Dafür bergen die Mittel aber das Risiko von Nebenwirkungen, berichten sie im Fachblatt "JAMA". Die Mediziner stellten darüber hinaus fest: Preiswertere Generika stehen in ihrer Wirksamkeit den Originalmedikamenten in nichts nach. Entscheidend für eine exakte Diagnose ist außerdem grundsätzlich eine sorgfältige Untersuchung des äußeren Gehörganges und des Trommelfells auf Anzeichen von Infektionen.

"Unsere Ergebnisse bestärken das bestehende Wissen, dass die beste antibiotische Behandlung für gewöhnliche Ohrinfektionen bei Kindern gar keine antibiotische Behandlung sein könnte", erläutert Tumaini R. Coker, Kinderarzt am Mattel Children's Hospital der University of California in Los Angeles und Forscher bei der RAND Corporation. "Frühzeitig Antibiotika zu verschreiben, hilft vielleicht, Ohrinfektionen ein klein wenig schneller zu heilen, erhöht aber auch das Risiko, dass Kinder unter für Antibiotika typischen Nebenwirkungen wie Ausschlag oder Durchfall leiden. Eltern und ihre Kinder könnten diese unterschiedlichen Auswirkungen unterschiedlich bewerten." Coker und seine Kollegen hatten die Literatur von 1999 bis 2010 nach Studien durchsucht, die sich mit der Diagnose und Behandlung akuter Ohrinfektionen bei Kindern beschäftigt hatten, mehr als 130 waren in ihre Analysen eingegangen.

Die systematische Durchsicht ergab, dass Antibiotika nur einen mäßigen Vorteil bringen. Die Forscher schätzen aufgrund ihrer Analysen: Von 100 Kindern mit einer Mittelohrentzündung würde es rund 80 auch ohne die Medikamente innerhalb von drei Tagen deutlich besser gehen. Würden alle umgehend nach der Diagnose mit Antibiotika behandelt werden, würde sich der Zustand bei weiteren zwölf Kindern auch bessern, doch drei bis zehn würden als Nebenwirkung der Medikamente Ausschlag und fünf bis zehn Durchfall bekommen. Die Mediziner fanden bei ihren Analysen keine Hinweise darauf, dass moderne Marken-Antibiotika günstigeren Generika überlegen sind. Sie halten aber fest, dass eine der zentralen Herausforderungen bei der Behandlung akuter Infektionen des Ohres darin liegt, eine korrekte Diagnose zu stellen. Da es keinen definitiven Test gibt, besteht ein wichtiges Mittel zur Diagnose darin, mit einem so genannten Ohrtrichter oder Otoskop ins Ohr zu schauen und nach Anzeichen einer Infektion zu suchen.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Diagnosis, Microbial Epidemiology, and Antibiotic Treatment of Acute Otitis Media in Children: A Systematic Review", Tumaini R. Coker et al.; JAMA (Vol. 304 (19), S. 2161)


 

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