Metastasen: Krebszellen wandern nicht allein

Verbände aus genetisch unterschiedlichen, aus einem Tumor abgelösten Zellen können effektiver Metastasen bilden als einzelne Tumorzellen
Die Metastase eines Brustkrebstumors im Lungengewebe (blau) besteht aus einem Gemisch von rot und grün fluoreszierenden Typen von Krebszellen.
Die Metastase eines Brustkrebstumors im Lungengewebe (blau) besteht aus einem Gemisch von rot und grün fluoreszierenden Typen von Krebszellen.
© Breanna Moore, Cheung laboratory, Fred Hutchinson Cancer Research Center
Baltimore (USA) - Ein Tumor wird meist erst dann lebensbedrohlich, wenn sich Krebszellen im Körper ausbreiten und Metastasen bilden. Dieser Vorgang beginnt nicht – wie ursprünglich vermutet – damit, dass sich einzelne Zellen aus dem Primärtumor lösen und sich an anderer Stelle vermehren. In der Mehrzahl der Fälle gelangen vielmehr größere Verbände genetisch unterschiedlicher Krebszellen mit dem Blutstrom in andere Organe, wie amerikanische Forscher jetzt bei Mäusen mit Brustkrebs direkt nachweisen konnten. Die Bildung neuer Tumoren aus solchen Zellverbänden war im Experiment wesentlich effektiver als bei einzelnen Zellen, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Science(PNAS)”. Sie entdeckten zudem, dass nur solche Tumorzellen in der Lage waren, Metastasen zu bilden, die über ein spezielles Protein verfügten. Das ermöglicht neue Möglichkeiten der Diagnostik und neue Ansätze einer Therapie.

„Krebszellen tun zwei Dinge, um ihre Chance zu erhöhen, Metastasen zu bilden“, sagt Andrew Ewald von der Johns Hopkins University in Baltimore. „Sie schalten ein molekulares Programm ein, das ihnen hilft, durch ganz unterschiedliche Regionen des Körpers zu wandern. Und sie wandern in Gruppen.“ Ewald und seine Kollegen arbeiteten mit Mäusen, deren Brustkrebstumoren Metastasen in den Lungen erzeugen. Gentechnisch veränderte Tiere produzierten Krebszellen, die aufgrund einer roten oder grünen Fluoreszenzstrahlung sichtbar gemacht werden konnten. Aus verpflanzten Primärtumoren mit rot und grün markierten Zellen bildeten sich in der Lunge überwiegend Mikrometastasen aus beiden Zelltypen. Wären die Metastasen aus jeweils einer einzelnen Tumorzelle hervorgegangen, würden sie entweder nur grün oder nur rot fluoreszieren. Auch im Blutstrom fanden die Forscher stets Tumorzellverbände, die aus beiden Zelltypen bestanden. Solche zusammenhängenden Krebszellen waren bei der Bildung von Metastasen mehr als hundertfach effektiver als Einzelzellen.

Die im Blut zirkulierenden und in Mikrometastasen vorliegenden Tumorzellen unterschieden sich in mehreren Eigenschaften von den Zellen des Primärtumors. Insbesondere produzierten sie verstärkt das Protein Keratin-14. Nur diese Krebszellen sind offenbar fähig, zu Metastasen heranzuwachsen, während die anderen am ursprünglichen Ort verbleiben und sich dort vermehren. „Die meisten Krebsmittel greifen die Zellen an, die sich vermehren, und töten metastasierende Zellen nicht ab“, sagt Ewald. Um den Therapieerfolg zu erhöhen sei es daher wichtig, Wirkstoffe einzusetzen, die gegen beide Typen von Tumorzellen gerichtet sind.

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