Menschen synchronisieren sich beim Essen

Durch das Orientieren am Gegenüber wird ähnlich viel und schnell gegessen
Nijmegen (Niederlande) - Menschen essen und trinken mehr oder weniger, je nachdem, wer mit ihnen am Tisch sitzt. Niederländische und kanadische Psychologen fanden nun den Grund dafür heraus: Essenspartner synchronisieren sich, indem sie sich an ihrem Gegenüber orientieren. Die Forscher hatten das Essverhalten von 70 Frauenpaaren untersucht und konnten nachweisen, dass jedes Paar gemeinsam ein eigenes Tempo beim Essen entwickelte. Besonders stark spiegelten die Frauen ihr Essverhalten zu Beginn der Mahlzeit, gegen Ende ließ es dagegen etwas nach, berichten die Forscher im Fachblatt „PLoS ONE“.

„Die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden Frauen sich spiegeln war in den ersten zehn Minuten dreimal höher als in den letzten zehn Minuten der Interaktion“, schreiben die Wissenschaftler. Das Forscherteam um Roel Hermans von der Radboud University Nijmegen in den Niederlanden zeichnete in der Studie fast 4.000 Bisse bei insgesamt 140 jungen Frauen auf. Dabei war je eine von ihnen eine Mitarbeiterin des Forscherteams und aß entweder recht wenig, eine mittlere Portion oder recht viel. Den Versuchsteilnehmerinnen wurde das Gegenüber jedoch als andere Probandin vorgestellt. Während sie zusammen aßen, nahm eine versteckte Videokamera beide Frauen auf. Für jede Versuchsteilnehmerin kodierten die Wissenschaftler die Anzahl und genaue Zeit der einzelnen Bisse. Nahm eine von ihnen einen Happen innerhalb von fünf Sekunden nach dem letzten Biss der Partnerin, werteten die Wissenschaftler dies als Spiegelung. Es stellte sich heraus: Beide Partner passten sich aneinander an und entwickelten so gemeinsam ein Esstempo, dass von ihrem gewöhnlichen eigenen Tempo abwich.

Die Ergebnisse passen zu den Befunden früherer Studien. Diese konnten zeigen, dass Menschen das Verhalten anderer in vielen alltäglichen Situationen unwissentlich und ganz automatisch spiegeln – sich etwa an deren Körperhaltung, Gesten oder sogar Dialekt und Wortwahl orientieren. Psychologen vermuten, dass die Ursache dafür die enge neuronale Verbindung zwischen Wahrnehmung und Handlung ist. Jemanden essen zu sehen, aktiviert demnach die eigenen Bewegungsprozesse und führt so unwillkürlich zur Synchronisierung des eigenen Essverhaltens mit dem des Esspartners. „Eine andere Möglichkeit ist“, schreiben die Wissenschaftler, „dass die jungen Frauen ihr Essverhalten gegenseitig beobachteten, um ein ähnliches Essmuster aufrecht zu erhalten. Darauf weise vor allem das verstärkte Spiegeln zu Beginn des Essens hin. Solch ein bewusstes Verhalten sei sinnvoll, um etwa ein für die jeweilige Situation angemessenes Essverhalten zu zeigen.

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Quelle: "Mimicry of Food Intake: The Dynamic Interplay between Eating Companions", Roel C. J. Hermans et al.; doi: 10.1371/journal.pone.0031027


 

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