Mehr Leben retten mit Wetterwarnungen

Rechtzeitige Vorhersage vor Fluten oder Dürreperioden für Entwicklungsländer gefordert – Daten und Technologie stehen zur Verfügung
Überschwemmungen - Anwohner können bis zu zwei Wochen vorher gewarnt werden
Überschwemmungen - Anwohner können bis zu zwei Wochen vorher gewarnt werden
© JRC
Atlanta (USA) - Mehr als 2000 Menschen starben bei der Flutkatastrophe 2010 in Pakistan, Schäden von rund 35 Milliarden Euro entstanden. Die Wassermassen trafen die meisten Bewohner völlig unvorbereitet, obwohl eine regionale Wettervorhersage rechtzeitig einige Tage im Voraus hätte warnen können. In der Zeitschrift „Nature“ fordert nun der amerikanische Meteorologe Peter J. Webster eine Ausweitung der lokalen Wettervorhersagen für Entwicklungsländer, die durch den Klimawandel verstärkt von Naturkatastrophen bedroht sind. Sowohl die notwendigen Daten als auch die Technologie dazu stünden zur Verfügung und könnten mit einem geringen Aufwand den Menschen vor allem in Afrika und Asien zugute kommen.

„Obwohl nur fünf Prozent der Wirbelstürme im nördlichen Indischen Ozean auftreten, sind sie für 95 Prozent der Sturmopfer verantwortlich“, berichtet Webster. Wie das Beispiel des Hurrikan Sandy in den USA vor einigen Wochen zeigte, können durch rechtzeitige Warnungen viele Menschenleben gerettet werden. Dazu müssten jedoch die Wetterdaten, die von zahlreichen Messstationen und Satelliten gewonnen werden und über weit gereifte Algorithmen zu verlässlichen Vorhersagen führen, zu den Menschen in den betroffenen Gebieten gelangen. Daher fordert Webster eine engere Zusammenarbeit von Forschungsinstituten vor allem in der EU und den USA mit den Behörden der Entwicklungsländer. Vor Fluten könne bereits bis zu zwei Wochen vorher gewarnt werden, drohende Dürreperioden kündigen sich sogar viele Wochen vor ihrem Beginn an.

Mit einer solchen Vorlaufzeit könnten die Bewohner sich und ihr Hab und Gut rechtzeitig vor Flutkatastrophen in Sicherheit bringen. Ernten könnten vor einer Wetterkatastrophe eingebracht werden und bei einer möglichen Dürre ließen sich die Folgen durch eine geeignete Wahl von Feldfrüchten, die resistenter gegen Trockenheit sind, lindern. Zudem wäre ein Warnsystem vor extremen Wetterereignissen nicht teuer. Ein Flutwarnsystem, das in den vergangenen Jahren in Bangladesh eingeführt wurde, verhinderte laut einer Analyse der Weltbank pro investiertem Dollar etwa 40 Dollar an Schäden. Von einer solch enormen Rendite können alle Wirtschaftszweige heute nur träumen.

Schon heute stellen viele Institute ihre Wetterdaten frei zur Verfügung. Doch je besser und detaillierter die Daten werden, desto schwieriger gestaltet sich die Auswertung. Daher sollten Schulungen in den Entwicklungsländern laut Webster mit einer verständlicheren Aufbereitung durch Origisationen wie dem Regional Integrated and Multi-Harard Early Warnung System (RIMES) einher gehen. In Europa entwickelten Forscher des Joint Research Center (JRC) im italienischen Ispra parallel das „Glofas“-Programm (Global Flood Awareness System), das weltweit drohende Fluten mit bis zu 15 Tagen vorhersagen kann.

Möglich wurde dieser Erfolg durch die Kopplung verfügbarer Wettervorhersagen mit hydrologischen Modellen der jeweiligen Region. Dabei beachten die JRC-Forscher, die Glofas zusammen mit Kollegen vom European Centre for Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF) entwickelt haben, sowohl exakte Flussverläufe als auch Landschaftsformen und den jeweiligen geologischen Untergrund. Auf etwa einen Tag genau kann eine Flutvorhersage mit einer hohen räumlichen Auflösung von 10 Kilometern vor den drohenden Wassermassen warnen. Langfristig streben die Glofas-Entwickler sogar eine 30-Tage-Vorhersage an. Mit fortschreitendem Klimawandel wächst der Bedarf und auch der Nutzen für solche Warnsysteme. „Denn ein Mensch in Südasien oder Afrika muss während seines Lebens mit mehreren extremen Wetterereignissen rechnen“, erklärt Webster.

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