Medizinische Entwicklungshilfe: Gebrauchte Herzschrittmacher soweit sicher

Fallstudie zeigt: Die gespendeten Geräte Verstorbener halten die Herzfunktion neuer Patienten ohne Komplikationen in Gang
Ann Arbor (USA) - Die Herzschrittmacher Verstorbener gelten als teurer Schrott - eine Diskussion über ihre Wiederverwendung läuft beinahe schon so lange, wie die Geräte existieren. Jetzt zeigt eine erste Fallstudie, dass gebrauchte Geräte auch im Körper eines Zweitnutzers ihren Dienst tun: Bei 12 Patienten auf den Philippinen arbeiteten gespendete Herzschrittmacher aus den USA bislang länger als sechs Monate komplikationslos. Das gilt sowohl für das technische Funktionieren als auch für befürchtete Infektionen. Wichtig sei vor allem, das die Batterie im Gerät noch ausreichend Energie liefere, schreiben die betreuenden Forscher im "Journal of the American College of Cardiology". Sie sehen im Spenden von Herzschrittmachern eine ethische Verpflichtung der industrialisierten Welt, um die medizinische Versorgung der Menschen in weniger entwickelten Staaten zu verbessern - zumal die Zahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen dort ansteigt.

"Vielen dieser Länder fehlen die finanziellen Mittel, um dieser Epidemie von Herz-Kreislauf-Krankheiten zu begegnen", so Hakan Oral, Leiter der Abteilung Elektrophysiologie am Cardiovascular Center der University of Michigan. Entsprechend würden selten die sehr teuren Behandlungen wie das Einsetzen eines Herzschrittmachers gewählt, die bis zu zehn Jahre lang arbeiten und zwischen 6000 und 30.000 Euro kosten. Für ihre Studie hatten Oral und seine Kollegen aufgearbeitete Herzschrittmacher verwendet, gespendet von mehreren Beerdigungsinstituten in Detroit mit vorheriger Einwilligung der später Verstorbenen oder ihrer Angehörigen. Nur Geräte mit einer verbleibenden Batterieleistung von 70 Prozent wurden verwendet, so dass 12 von insgesamt 50 Spendergeräten zum Einsatz kamen. Sie verhalfen zwölf Herzpatienten im Philippine General Hospital in Manila, die zuvor durch ihre Krankheit ans Bett gefesselt waren, zu neuer Aktivität. Auch sechs Monate nach der Operation arbeiteten die Geräte zufriedenstellend und die es waren keinerlei Komplikationen durch mögliche Infektionen oder Anpassungsschwierigkeiten des Immunsystems zu verzeichnen, so die Forscher.

Während die Todeszahl durch Herz-Kreislauf-Probleme in den Industrieländern stetig zurückgeht, steigt sie in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen kontinuierlich an, berichten Oral und Kollegen. Mehrere Umfragen in den USA zeigen andererseits, dass eine Mehrheit der Herzpatienten bereit ist, ihre Herzschrittmacher nach ihrem eigenen Tod weiterzugeben. Das Projekt "My Heart Your Heart" der University of Michigan arbeitet an der Weitergabe der Geräte, gemeinsam mit diversen Beerdigungsinstituten und der Non-Profit-Organisation World Medical Relief. Partnerschaften mit dem Philippine General Hospital, dem Vietnam Heart Institute in Hanoi und dem Komfo Medical Center in Ghana sind in Arbeit. Nun wollen die Forscher das weitere Potenzial für regionale und nationale Spenderprogramme für Herzschrittmacher erarbeiten.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Safety and Efficacy of Pacemaker Reuse in Underdeveloped Nations: A Case Series", Timir S. Baman, Hakan Oral, Kim Eagle et al.; Journal of the American College of Cardiology, vol 54, p 1557 - 1558.


 

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