Masernimpfung früher möglich

Die natürliche Blockade von Immunzellen durch IgG-Antikörper der Mutter im ersten Lebensjahr eines Kindes lässt sich durch Aktivierung eines Rezeptors der Zellen durch IgM-Antikörper aufheben
Elektronenmikroskopische Aufnahme (TEM) eines Masern-Virus
Elektronenmikroskopische Aufnahme (TEM) eines Masern-Virus
© Cynthia Goldsmith, Centers for Disease Control and Prevention
Columbus (USA) - In den ersten Lebensmonaten schützen mütterliche Antikörper das Baby vor Infektionen. Die Antikörper sind aber auch der Grund dafür, dass in dieser Zeit eine Schutzimpfung gegen Masern erfolglos bleibt. Warum das eigene Immunsystem auf die Impfung nicht anspricht, haben amerikanische Forscher jetzt herausgefunden. Sie widerlegten die bisherige Annahme, dass sich mütterliche Antikörper an die Viren des Impfstoffs anlagern und so den Kontakt mit Immunzellen des Kindes verhindern. Stattdessen verändern die IgG-Antikörper der Mutter einen speziellen Rezeptor der Immunzellen, so dass die Immunreaktion blockiert wird. Gegen Masern-Viren gerichtete IgM-Antikörper können die Blockade aufheben und eine vorgezogene Impfung ermöglichen, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt "Blood".

"Wir haben entdeckt, wie mütterliche Antikörper den Aus-Schalter der Immunantwort betätigen. Und wir haben möglicherweise einen Schalter gefunden, der sie einschaltet", sagt Stefan Niewiesk von der Ohio State University in Columbus. Während der Schwangerschaft und beim Stillen gelangen Antikörper der Mutter in das Kind. Wenn deren Blutspiegel im Verlauf eines Jahres abgesunken ist, ist ein weiterer Infektionsschutz nur durch aktive Immunisierung möglich. Um eine Schutzimpfung gegen Masern auf jeden Fall rechtzeitig durchführen zu können, müsste die Blockade durch die mütterlichen Antikörper zuvor aufgehoben werden.

Für ihre Experimente nutzten die Forscher Baumwollratten, die auch für menschliche Krankheitserreger anfällig sind. Sie konnten zeigen, dass gegen das Masern-Virus gerichtete mütterliche IgG-Antikörper den für die Immunantwort notwendigen Rezeptor der B-Lymphozyten mit einem anderen Rezeptor (Fc-gamma-RIIB) chemisch vernetzte und damit inaktivierte. Dieser Rezeptor sorgt normalerweise dafür, dass eine Immunreaktion nicht überschießt. Im ersten Lebensjahr des Babys bewirkt das Ankoppeln mütterlicher Antikörper, dass die B-Lymphozyten des Kindes nicht auf eingedrungene Krankheitserreger wie das Masern-Virus mit der Produktion eigener Antikörper reagieren können. Künstlich veränderte mütterliche Antikörper, die nicht mehr an den Fc-gamma-RIIB-Rezeptor ankoppeln können, waren auch nicht mehr in der Lage, die Immunantwort zu blockieren. Durch Injektion von monoklonalen, gegen Masern-Viren gerichteten IgM-Antikörpern konnten die Forscher die Blockade der B-Lymphozyten aufheben. Offenbar, so Niewiesk, lagern sich IgM-Moleküle an andere Rezeptoren an, die aktivierend wirken und eine vorgezogene Schutzimpfung ermöglichen könnten.

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Quelle: "Insights into the regulatory mechanism controlling the inhibition of vaccine-induced seroconversion by maternal antibodies", Dhohyung Kim et al.; Blood, Online-Publikation, DOI: 10.1182/blood-2010-11-320317


 

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