Masernimpfung früher möglich
"Wir haben entdeckt, wie mütterliche Antikörper den Aus-Schalter der Immunantwort betätigen. Und wir haben möglicherweise einen Schalter gefunden, der sie einschaltet", sagt Stefan Niewiesk von der Ohio State University in Columbus. Während der Schwangerschaft und beim Stillen gelangen Antikörper der Mutter in das Kind. Wenn deren Blutspiegel im Verlauf eines Jahres abgesunken ist, ist ein weiterer Infektionsschutz nur durch aktive Immunisierung möglich. Um eine Schutzimpfung gegen Masern auf jeden Fall rechtzeitig durchführen zu können, müsste die Blockade durch die mütterlichen Antikörper zuvor aufgehoben werden.
Für ihre Experimente nutzten die Forscher Baumwollratten, die auch für menschliche Krankheitserreger anfällig sind. Sie konnten zeigen, dass gegen das Masern-Virus gerichtete mütterliche IgG-Antikörper den für die Immunantwort notwendigen Rezeptor der B-Lymphozyten mit einem anderen Rezeptor (Fc-gamma-RIIB) chemisch vernetzte und damit inaktivierte. Dieser Rezeptor sorgt normalerweise dafür, dass eine Immunreaktion nicht überschießt. Im ersten Lebensjahr des Babys bewirkt das Ankoppeln mütterlicher Antikörper, dass die B-Lymphozyten des Kindes nicht auf eingedrungene Krankheitserreger wie das Masern-Virus mit der Produktion eigener Antikörper reagieren können. Künstlich veränderte mütterliche Antikörper, die nicht mehr an den Fc-gamma-RIIB-Rezeptor ankoppeln können, waren auch nicht mehr in der Lage, die Immunantwort zu blockieren. Durch Injektion von monoklonalen, gegen Masern-Viren gerichteten IgM-Antikörpern konnten die Forscher die Blockade der B-Lymphozyten aufheben. Offenbar, so Niewiesk, lagern sich IgM-Moleküle an andere Rezeptoren an, die aktivierend wirken und eine vorgezogene Schutzimpfung ermöglichen könnten.