Männliches Pheromon fördert Hirnentwicklung des noch nicht gezeugten Nachwuchses

Noch vor der Begattung stimuliert der Botenstoff das Wachstum der Milchdrüsen von Mäuseweibchen und verbessert später die Ernährung der Jungen
Die Gehirnentwicklung neugeborener Mäuse hängt auch von einem Pheromon ab, das der Vater vor der Begattung freigesetzt hat.
Die Gehirnentwicklung neugeborener Mäuse hängt auch von einem Pheromon ab, das der Vater vor der Begattung freigesetzt hat.
© Indiana University
Bloomington (USA) - Männliche Mäuse erzeugen Pheromone, die nicht nur die Empfängnisbereitschaft der Weibchen stimulieren. Einer dieser Geruchsstoffe wirkt sich indirekt auch auf die nächste Generation aus: Er fördert die Gehirnentwicklung der später gezeugten Jungen, berichten amerikanische Forscher. Das Pheromon verstärkt das Wachstum der Milchdrüsen beim Weibchen, so dass mehr Milch gebildet und der Nachwuchs länger gesäugt werden kann. Diese Jungen zeigten bessere kognitive Hirnleistungen als Mäuse, deren Mütter vor der Begattung nicht dem Botenstoff ausgesetzt waren, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B”. Sie vermuten, dass bestimmte Inhaltsstoffe der Muttermilch für den positiven Effekt verantwortlich sind.

„Wir konnten erstmals zeigen, dass sich der Einfluss eines Pheromons auf die nächste Generation eines Säugetiers auswirken kann“, sagt Sachiko Koyama von der Indiana University in Bloomington. Pheromone sind Geruchsstoffe, die von einem Tier freigesetzt werden und bei einem Artgenossen voraussagbare Änderungen des Verhaltens auslösen oder spezielle Stoffwechselprozesse in Gang setzen. So produzieren beispielsweise viele männliche Säugetiere Sexualpheromone, die die Weibchen zur Paarung stimulieren. Koyama und ihre Kollegen untersuchten die Wirkung des männlichen Pheromons 2-sec-butyl-4,5-dihydrothiazol (SBT) auf das Wachstum der Milchdrüsen von Mäuseweibchen. SBT lässt sich chemisch herstellen, so dass es in ausreichender Menge für die Experimente zur Verfügung stand.

Eine Woche lang zweimal täglich erhielten jungfräuliche Weibchen die Gelegenheit, das Pheromon einzuatmen. Nach der anschließenden Paarung blieben sie dann bis zur Geburt der Jungen allein in jeweils einem Käfig. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die dem Pheromon nicht ausgesetzt worden war, entwickelten sich die Milchdrüsen dieser Weibchen vor der Begattung und während der Schwangerschaft stärker. Später, während des Säugens, waren sie um 30 Prozent größer. Daher konnten die Jungen längere Zeit gesäugt werden. In standardisierten Labyrinthtests erzielten die Jungen bessere Ergebnisse in Lernfähigkeit und räumlicher Orientierung als der Nachwuchs von Müttern ohne Pheromonkontakt. Besonders dominante Männchen produzieren mehr SBT als andere. Wenn die Weibchen diese als Sexualpartner bevorzugen, würde das ihren Fortpflanzungserfolg erhöhen.

Als Ursache für die bessere Hirnleistung vermuten die Forscher nicht nur eine größere Menge, sondern auch eine höhere Qualität der konsumierten Milch. Diese enthält Sialinsäuren, die bekanntlich für die Entwicklung des Gehirns von Neugeborenen wichtig sind. Sialinsäuren werden mit Hilfe eines Enzyms zu Verbindungen umgewandelt, die die Funktion von Nervenzellen verbessern. Tatsächlich ließ sich im Gehirn von zehn Tage alten Mäusen eine erhöhte Aktivität dieses Enzyms nachweisen. Die gesteigerten kognitiven Fähigkeiten könnten also auf einer besseren Ernährung in den ersten Lebenstagen beruhen – letztlich verursacht durch das väterliche Pheromon. Ob der Gehalt an Sialinsäuren in der Milch der pheromonbehandelten Mäuse höher ist, wollen die Wissenschaftler jetzt prüfen. Aber auch ein verändertes Verhalten der Mäusemütter könnte einen positiven Effekt auf die Hirnleistungen der Jungen bewirkt haben, da die Weibchen einfach mehr Zeit im Nest mit ihrem Nachwuchs verbrachten.

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