Männlein oder Weiblein? Knochen bestätigt Geschlecht früher Vögel

Spezielle für Weibchen typische Knochenstruktur belegt die Vermutung, dass Exemplare ohne lange Schwanzfedern weiblich waren
Künstlerische Darstellung von Confuciusornis sanctus
Künstlerische Darstellung von Confuciusornis sanctus
© Stephanie Abramowicz
Los Angeles (USA) - Im Nordosten Chinas findet man sie im Überfluss – versteinerte Überreste des frühen Vogels „Confuciusornis sanctus“. Die Fossilien der frühen Vögel, die vor rund 125 Millionen Jahren gelebt haben, weisen deutliche Unterschiede im Federkleid auf. Bisher waren Paläontologen davon ausgegangen, dass es sich bei Exemplaren mit auffälligen, extrem langen Schwanzfedern um Männchen handelte, bei den anderen um Weibchen. Zweifelsfrei belegt war diese Annahme allerdings nicht. Doch nun konnte ein Team internationaler Forscher anhand eines eindeutigen Geschlechtsmerkmals zeigen, dass die Vermutung in der Tat stimmt: Der sogenannte medulläre Knochen, der ausschließlich bei Weibchen vorkommt, belegt, dass die Männchen die auffälligen Schwanzfedern trugen und die Weibchen nicht. Dieses spezielle Knochengewebe entdeckten die Forscher bei einem Exemplar ohne die langen Schwanzfedern, berichten sie im Fachblatt „Nature Communications“.

„Unsere Entdeckung liefert den ersten Fall von Geschlechtsidentifikation bei einem frühen Vogel, einem Tier, das nah verwandt mit Dinosauriern wie dem berühmten Velociraptor ist“, erläutert Luis Chiappe vom Natural History Museum of Los Angeles County's (NHM) Dinosaur Institute. „Wenn Leute Dinosaurierausstellungen besuchen, wollen sie oft wissen, ob die Skelette männlich oder weiblich sind. Wir haben zwar Spitznamen wie Thomas oder Sue, aber von all den tausenden Skeletten von Dinosauriern oder frühen Vögeln, die man auf der ganzen Welt gefunden hat, wurde nur bei einigen wenigen das Geschlecht bestimmt.“ Gemeinsam mit Kollegen aus China, Südafrika und Spanien hatte Chiappe zahlreiche Confuciusornis-Fossilien unter die Lupe genommen. Bei histologischen Untersuchungen waren die Forscher auf das eindeutige Merkmal gestoßen: medulläre Knochen.

Dieses Kochengewebe kommt allein bei Weibchen im fortpflanzungsfähigen Alter vor. Es handelt sich um eine Verknöcherung, die sich innerhalb der großen Röhrenknochen ausbildet und weiblichen Vögeln als Kalziumspeicher dient. Die Ausbildung dieses Depots, das auch schon bei Dinosauriern nachgewiesen wurde, geht mit der Produktion der Eier einher. „Genauso wie heutige Hennen lagerten Confuciusornis-Weibchen diesen speziellen Knochen in ihren Röhrenknochen ein und nutzten ihn, um ihre kalziumreichen Eierschalen zu machen“, erläutert Erstautor Anusuya Chinsamy von der University of Cape Town. Medulläre Knochen bei einem Exemplar zu finden, dem die langen Schwanzfedern fehlten, beweist, dass die Vögel ohne die Schmuckfedern Weibchen waren.

Die Paläontologen konnten aber nicht nur den ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus bei dieser Art beweisen und klären, wer die Männchen und wer die Weibchen waren. Gleichzeitig zeigen die Untersuchungen, dass diese frühen Vögel bereits geschlechtsreif waren, obwohl sie noch nicht vollständig ausgewachsen waren. In diesem Merkmal gleichen sie nicht den modernen Vögeln, sondern vielmehr den Dinosauriern, die ebenfalls bereits Nachwuchs bekamen, bevor sie ihre endgültige Körpergröße erreicht hatten.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg