Langsames Gehen und Alzheimer

Senioren, die langsamer laufen, haben eher die für die neurodegenerative Erkrankung typischen Hirnveränderungen
Toulouse (Frankreich) - Wenn Senioren langsamer gehen, kann das ein frühes Anzeichen von Alzheimer sein – noch bevor erste Symptome der neurodegenerativen Erkrankung auftreten. Denn die Menge sogenannter Amyloid-Plaques im Gehirn, die bei der Entstehung von Alzheimer eine zentrale Rolle zu spielen scheinen, geht mit der Gehgeschwindigkeit einher. Diesen Zusammenhang haben französische Mediziner in einer kleinen Studie mit Senioren beobachtet. Er könnte insbesondere bei denjenigen zutreffen, die bereits das Gefühl haben, dass ihr Denkvermögen nachlässt, berichten die Forscher im Fachblatt „Neurology”. Sie betonen allerdings, dass es sich lediglich um eine punktuell beobachtete statistische Korrelation handelt und es bislang nicht belegt ist, dass die Plaques im Hirn auch tatsächlich die Ursache für das verlangsamte Gehen sind. Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren, welche das Gehen verlangsamen können, vor allem im Alter.

„Wenn man zusätzlich zu der Sorge um das Gedächtnis fast unmerkliche Gehstörungen hat, könnte das möglicherweise ein Anzeichen von Alzheimer sein, noch bevor die Leute irgendwelche klinischen Symptome zeigen”, erläutert sagt Natalia del Campo von der University of Cambridge und dem Universitätskrankenhaus Toulouse. Del Campo und ihre Kollegen hatten insgesamt 128 Probanden mit einem Durchschnittsalter von 76 Jahren untersucht. Zum Zeitpunkt der Studie litten sie schlimmstenfalls an leichten kognitiven Beeinträchtigungen, nicht aber an diagnostizierter Demenz. Dennoch hatten alle ein erhöhtes Risiko für Demenzerkrankungen, weil sie sich bereits um ihre Gedächtnisleistungen Gedanken machten. Mit Hilfe einer Positronen-Emissions-Tomographie ermittelten die Forscher, wie stark das Gehirn der Teilnehmer mit Amyloid-Plaques belastet war. Außerdem testeten sie Gedächtnis und Denkvermögen der Senioren sowie deren gewohnte Gehgeschwindigkeit auf einer kurzen Strecke von vier Metern und wie gut sie Alltagsaufgaben noch bewältigen konnten.

Bei 48 Prozent der Probanden fanden sich tatsächlich Amyloid-Plaques in einem Ausmaß, wie es auch oft bei einer Demenz vorkommt. Bei ihren Berechnungen machten die Forscher einen Zusammenhang aus zwischen einer langsameren Gehgeschwindigkeit und Plaques in bestimmten Hirnregionen, die etwa auch an der Motorik beteiligt sind. Der blieb auch dann bestehen, wenn sie andere Faktoren einbezogen wie Alter, Bildungsstand oder Ausmaß der Gedächtnisprobleme.

Frühere Studien an den Hirnen Verstorbener hatten diesen Zusammenhang bereits nahe gelegt. Die Analyse von del Campo und Kollegen bestätigt nun bei lebenden Senioren, dass es tatsächlich eine Verbindung geben könnte. Auch wenn die Berechnungen keinen ursächlichen Zusammenhang beweisen, könnten die für Alzheimer typischen pathologischen Veränderungen, wenn sie in bestimmten Hirnregionen auftreten, die motorischen Fähigkeiten beeinträchtigen. Weitere Untersuchungen müssen nun die neuronalen Mechanismen finden, die den beobachteten Effekten zugrunde liegen.

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Quelle: „Relationship of regional brain b-amyloid to gait speed”, Natalia del Campo et al.; Neurology, 2016;86:1–8


 

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