Labrador Retriever: Mutiertes Gen verursacht Übergewicht

Ein speziell in dieser Hunderasse häufig vorliegender Gendefekt könnte für anhaltende Hungergefühle sorgen und damit anfälliger für Fettleibigkeit machen
Labrador Retriever lernen schnell, da sie besonders stark auf Belohnung durch Futter reagieren.
Labrador Retriever lernen schnell, da sie besonders stark auf Belohnung durch Futter reagieren.
© Jane Goodall
Cambridge (Großbritannien) - In den Industrieländern ist jeder dritte bis zweite Hund zu fett. Insbesondere Labrador Retriever neigen dazu, fettleibig zu werden. Gründe dafür sind nicht nur Bewegungsmangel und Überfütterung, sondern auch ein bei dieser Rasse typischer genetischer Defekt, berichten jetzt britische Forscher im Fachblatt „Cell Metabolism”. Die Mutation stört die Produktion zweier Botenstoffe, die normalerweise im Gehirn wirksam sind und die Nahrungsaufnahme regulieren. Je höher die Anzahl dieser mutierten Gene im Erbgut war, desto größer war das Übergewicht des Hundes. Ein ähnlicher Gendefekt kann in seltenen Fällen auch beim Menschen die Ursache von Fettleibigkeit sein.

„Labradore sind relativ leicht zu trainieren”, sagt Giles Yeo von der University of Cambridge, einer der beiden leitenden Wissenschaftler der Arbeitsgruppe. „Beim Training werden die Hunde oft mit Futter belohnt und Träger dieser Genvariante sind stärker motiviert, für ein Leckerli zu arbeiten.“ Die Forscher durchsuchten das Erbgut von 310 Labrador Retrievern nach veränderten Genen, die die Hunde anfälliger für Fettleibigkeit machen könnten. Ein solcher Zusammenhang ergab sich für das Gen POMC, dem ein kurzes DNA-Stück fehlte. Fast jeder vierte Labrador war Träger von mindestens einem derart mutierten POMC-Gen. Mit jedem Genexemplar erhöhte sich das Körpergewicht um jeweils 1,9 Kilogramm.

Die intakte Version des POMC-Gens sorgt für die Produktion der Botenstoffe Beta-MSH und Beta-Endorphin, die auf noch unbekannte Weise daran beteiligt sind, Hunger- und Sättigungsgefühle im Gehirn zu kontrollieren. Ein defektes Gen könnte daher eine gestörte Regulation der Nahrungsaufnahme erklären, wodurch das Risiko von Fettleibigkeit steigt. Das sollten Halter von Labrador Retrievern wissen, denn sie müssen mehr als andere Hundebesitzer beim Füttern auf das Körpergewicht ihres Tieres achten. „Hunde mit dieser Mutation verhalten sich anders“, sagt Erstautorin Eleanor Raffan. Sie suchen intensiver nach Nahrung und betteln stärker um Futter, wie befragte Hundebesitzer berichteten.

Bei Labradoren aus speziellen Zuchtlinien für Assistenzhunde wie beispielsweise Blindenführhunde fanden die Forscher im Erbgut eine höhere Zahl des mutierten Gens als bei denen, die einfach als Familienhund gehalten werden. Die Mutation lag in 76 Prozent von 81 untersuchten Tieren vor. Möglicherweise werden solche Tiere als Welpen von den Hundetrainern bevorzugt ausgewählt, da sie stärker auf Belohnung durch Futter reagieren und deshalb ihre Aufgaben schneller lernen. Das sei ein zweischneidiges Schwert, sagt Yeo. Das mutierte Gen mache die Hunde zwar leichter trainierbar, aber auch anfälliger für Fettleibigkeit.

Auch beim Menschen wirke sich ein verändertes POMC-Gen auf das Körpergewicht aus, sagt Co-Seniorautor Stephen O'Rahilly. Es gebe sogar seltene Fälle von Fettleibigkeit, die auf eine ganz ähnliche Mutation wie bei den Labradoren zurückzuführen seien. Daher könnten weitere Untersuchungen dazu beitragen, neue Therapien gegen Übergewicht zu entwickeln.

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