Kuschelhormon verstärkt Placebo-Effekt

Mit Oxytocin behandelte Patienten haben größeres Vertrauen zum Arzt und reagieren daher stärker auf die schmerzlindernde Wirkung eines Scheinpräparats
Placebos haben eine nachweisbare Heilwirkung.
Placebos haben eine nachweisbare Heilwirkung.
© Shutterstock, Bild94894273
Essen - In manchen Fällen kann ein Arzt mit einem wirkstofffreien Medikament Schmerzen lindern. Dieser Placebo-Effekt lässt sich verstärken, wenn dem Patienten zuvor das Hormon Oxytocin über die Nase verabreicht wurde, berichten deutsche Forscher. Die Wirkung beruht wahrscheinlich darauf, dass Oxytocin Vertrauen stärkt und damit die Glaubwürdigkeit ärztlicher Aussagen erhöht. Die generelle Schmerzempfindlichkeit wurde durch das Hormon nicht verringert. Wie der Effekt zustande kommt und wann ein Einsatz von Oxytocin zur unterstützenden Behandlung angebracht ist, müssen weitere Untersuchungen klären, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „JAMA“.

„Es ist nötig, unsere Resultate in größeren klinischen Studien zu bestätigen und die zugrundeliegenden Mechanismen zu identifizieren“, erklären Ulrike Bingel vom Universitätsklinikum Essen und ihre Kollegen. Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist bekanntlich für den Erfolg einer Therapie von großer Bedeutung. Ein erhöhter Oxytocinspiegel des Patienten könnte diese Beziehung positiv beeinflussen und einen vom Arzt gewünschten Placebo-Effekt verstärken. Auch der Abbau von Stress und Angstgefühlen durch das Hormon trägt möglicherweise dazu bei, auf ein Scheinmedikament zu reagieren, vermuten die Forscher.

Für ihre Doppelblindstudie wählten sie 80 gesunde Männer aus. Jedem zweiten wurde über die Nase Oxytocin verabreicht, die anderen dienten als Kontrolle und erhielten stattdessen eine Kochsalzlösung. 45 Minuten später behandelte ein Arzt eine Stelle des Unterarms mit einer angeblich schmerzlindernden Salbe und eine andere Stelle mit einer, wie er sagte, wirkstofffreien Salbe. In Wirklichkeit waren beide Präparate identisch und enthielten kein Medikament. Beide Hautstellen wurden dann jeweils zehnmal Hitzereizen gleicher Schmerzstufen ausgesetzt. Die Stärke des empfundenen Schmerzes beurteilten die Testpersonen anhand einer Skala von 0 bis 100.

In beiden Gruppen gaben die Männer an, dass sie an der Stelle weniger Schmerz empfanden, die mit der angeblich schmerzlindernden Salbe behandelt worden war. Dieser Unterschied in der Schmerzempfindung – also der Placebo-Effekt – war aber in der Oxytocin-Gruppe fast doppelt so groß wie in der Kochsalz-Gruppe. Die generelle Empfindlichkeit gegenüber dem Hitzeschmerz war in beiden Gruppen gleich. Das Hormon wirkte also nicht direkt als Schmerzmittel, sondern nur über den Placebo-Effekt. Oxytocin sollte, so die Forscher, nur in bestimmten Fällen unterstützend eingesetzt werden und nicht dazu dienen, eine ärztliche Behandlung zu ersetzen.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg