Krebstherapie und "Chemo-Brain"

Kognitive Störungen nach einem Einsatz von Krebsmitteln lassen sich im Tierversuch durch einen Wachstumsfaktor lindern, der neue Gehirnzellen wachsen lässt
Rochester (USA) - Nach einer Chemotherapie leiden einige Krebspatienten noch monatelang unter Gedächtnisproblemen, Konzentrations- und Lernstörungen. Die Ursache dieses als "Chemo-Brain" bezeichneten Zustands ist noch unklar. Jetzt haben amerikanische Mediziner bei Mäusen die Vermutung bestätigt, dass verschiedene Krebsmittel die Neubildung von Gehirnzellen beeinträchtigen. Außerdem konnten sie durch gleichzeitige Behandlung mit einem Wachstumsfaktor diese Auswirkung vermindern. Weitere Studien müssen nun zeigen, inwieweit die Befunde auf den Menschen übertragbar und für eine klinische Anwendung geeignet sind, schreiben die Forscher im Fachblatt "Cancer Investigation".

"Die Hemmung des Wachstums neuer Nervenzellen ist ein möglicher Mechanismus, durch den eine Chemotherapie kognitive Probleme verursachen könnte", schreiben Robert Gross von der University of Rochester und seine Kollegen. In Experimenten mit Mäusen untersuchten sie die Wirkung von vier Krebsmitteln auf das Wachstum neuer Hirnzellen im Hippocampus. Nicht nur Cyclophosphamid und Fluorouracil, die die Blut-Hirnschranke passieren, sondern auch Paclitaxel und Doxorubicin, die das nicht können, verringerten die Zellneubildung um bis zu 36 Prozent. Möglicherweise, so die Forscher, wirken die Medikamente indirekt, indem sie Entzündungen auslösen. Darüber hinaus gibt es noch andere mögliche Einflussfaktoren, die bei einer Krebstherapie eine Rolle spielen: "Die Entstehung neuer Hirnzellen kann auch durch Stress, Schlafmangel und Depressionen beeinflusst werden", sagt Erstautorin Michelle Janelsins.

In weiteren Versuchen ergab sich bei einem hochdosierten Einsatz von Cyclophosphamid eine um 41 Prozent verringerte Bildung neuer Zellen im Hippocampus. Wurde den Tieren gleichzeitig der Wachstumsfaktor IGF-1 unter die Haut gespritzt, stieg dadurch die Zahl neuer Nervenzellen um 27,5 Prozent. Aus anderen Untersuchungen war bekannt, dass IGF-1 das Wachstum neuer Zellen im Gehirn anregen kann. Zunächst seien jetzt weitere Experimente mit Mäusen nötig, schreiben die Forscher, bevor Schutzmaßnahmen für Krebspatienten entwickelt werden könnten, die ein "Chemo-Brain" verhindern.

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Quelle: "IGF-1 Partially Restores Chemotherapy-Induced Reductions in Neural Cell Proliferation in Adult C57BL/6 Mice", Michelle C. Janelsins et al.; Cancer Investigation, Online-Publikation, DOI: 10.3109/07357900903405942


 

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