Krebstherapie: Salmonellen locken Immunzellen in Tumore

Die gentechnisch veränderten Bakterien dringen in Krebsgewebe ein, wo sie Makrophagen anlocken und aktivieren, so dass die Krebszellen zerstört werden
Gentechnisch veränderte Bakterien dringen in Tumoren ein und verstärken die Aktivität von Immunzellen wie Makrophagen.
Gentechnisch veränderte Bakterien dringen in Tumoren ein und verstärken die Aktivität von Immunzellen wie Makrophagen.
© Carla Schaffer / Zheng et al. / Science Translational Medicine
Gwangju (Republik Korea) - Bisher hat die Krebstherapie mit Hilfe von tumorzerstörenden Bakterien noch keine befriedigenden Ergebnisse in Tierversuchen gezeigt. Doch jetzt haben koreanische Forscher durch Einsatz gentechnisch veränderter Salmonellen einen großen Fortschritt erzielt. Diese Bakterien vermehrten sich bevorzugt in Tumoren und setzten dabei ein Protein frei, das Immunzellen anlockt und aktiviert. Durch diese Immuntherapie ist es gelungen, Tumore von Mäusen vollständig und dauerhaft zu eliminieren, ohne gesundes Gewebe zu schädigen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Science Translational Medicine“. Die neue Behandlungsform verhinderte auch das Wachstum von Metastasen und wäre bei einer Vielzahl von Krebsarten einsetzbar.

„Unsere Tierexperimente zeigen, dass die gentechnisch veränderten Bakterien ein gutes Sicherheitsprofil aufweisen und daher für einen Einsatz zur Krebstherapie vielversprechend sind“, schreiben die Forscher um Jung-Joon Min und Joon Haeng Rhee von der Chonnam National University in Gwangju. Bakterien verschiedener Arten vermehren sich auch oder sogar bevorzugt in einer sauerstofffreien Umgebung. Das lässt sich ausnutzen, um Krebstumoren zu zerstören, die in ihrem Innern extrem sauerstoffarm sind. Werden geeignete, durch eine Vorbehandlung unschädlich gemachte Bakterien in den Körper injiziert, reichern sie sich im Krebsgewebe an. Indem sie sich vermehren und dabei die Immunabwehr aktivieren, bewirken sie ein Schrumpfen des Tumors. Allerdings hielt bisher die Wirkung nicht lange an, so dass schon bald erneutes Krebswachstum einsetzte.

Den koreanischen Forschern ist es nun gelungen, diese Strategie der bakteriellen Krebstherapie wesentlich effizienter zu machen. Sie gingen von einem Salmonella typhimurium-Stamm aus, der bereits so verändert war, dass er keine Erkrankung mehr verursachen konnte. Sie statteten die Salmonellen mit dem Gen eines anderen Bakteriums (Vibrio vulnificus) aus. Das führte dazu, dass die Mikroben das Protein Flagellin B freisetzten, ein Hauptbestandteil der Vibrio-Geißel. Mit Hilfe eines Genschalters ließ sich die Produktion des Flagellins durch den Zucker Arabinose einschalten. Von dem Geißelprotein ist bekannt, dass es die Immunabwehr stark aktiviert. Die so präparierten Salmonellen wurden Mäusen injiziert, denen unterschiedliche Arten von Krebszellen – darunter auch menschliche Darmkrebszellen – transplantiert worden waren.

Die Behandlung zerstörte bei 11 von 20 Mäusen sämtliche Tumoren dauerhaft und hemmte die Bildung von Metastasen. Durch Salmonellen, die kein Flagellin B produzierten, schrumpften die Tumore zwar, begannen dann aber wieder zu wachsen. Die wiederholte Verabreichung des Proteins in die Tumore allein hatte keine Wirkung. Kurz nach der Salmonelleninjektion waren zunächst auch größere Mengen der Bakterien in Milz und Leber nachweisbar. Doch nach drei bis vier Tagen waren die Keimzahlen in den Tumoren mehr als 10.000-fach höher als in anderen Teilen des Körpers. Erst zu diesem Zeitpunkt starteten die Forscher die Flagellinproduktion, indem sie Arabinose verabreichten. Daher wurden gesunde Organe nicht erkennbar geschädigt.

Genauere Untersuchungen ergaben, dass der Erfolg der Strategie auf einer zweifachen Wirkung beruhte. Die in den Tumor eindringenden Salmonellen aktivierten einen Signalweg in den bereits vorhandenen Immunzellen, wodurch verstärkt Makrophagen und Neutrophile angelockt wurden. Im zweiten Schritt löste das durch Arabinose freigesetzte Flagellin B die Reaktionskette eines weiteren Signalwegs aus, der die Aktivität der Immunzellen noch verstärkte: Sie produzierten zelltötende Substanzen wie reaktive Sauerstoffverbindungen und eiweißspaltende Enzyme. Vor einem Einsatz der neuen Therapieform am Menschen, so betonen die Autoren, gilt es vor allem, durch zusätzliche Tierversuche sicherzustellen, dass die injizierten Salmonellen keinerlei Schaden im Körper verursachen können.

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