Keine Pollen für die Königin

Honigbienen müssen eine Larve ausschließlich mit Gelée Royale füttern, damit sie sich ungestört zu einer Königin entwickeln kann – Pollen und Honig enthalten hemmende Substanzen
Die Larven, die mit Pollen gefüttert werden, entwickeln sich zu Arbeiterinnen.
Die Larven, die mit Pollen gefüttert werden, entwickeln sich zu Arbeiterinnen.
© Terry Harrison, U. of I. beekeeper
Urbana (USA) - Bei den Honigbienen entscheidet die Ernährung im Larvenstadium darüber, wer Königin wird und wer Arbeiterin. Weibliche Larven entwickeln sich nur dann zu Königinnen, wenn sie nichts anderes als Gelée Royale bekommen – ein besonders nahrhaftes Sekret der Ammenbienen. Aber das ist nur die halbe Geschichte, berichten jetzt amerikanische Biologen. Die meisten Larven werden mit Honig und Pollen gefüttert, was ihr späteres Leben als Arbeiterin festlegt. Und diese Nahrung enthält den Pflanzenstoff p-Cumarsäure, der die Entwicklung von Königinnen verhindert, indem er zahlreiche Genaktivitäten verändert, schreiben die Forscher im Fachblatt „Science Advances”. Welche Bedeutung die Ernährung von Larven für die Evolution der sozialen Organisation bei Bienen und anderen Insekten hat, müssen weitere Untersuchungen zeigen.

„Jahrelang gingen Forscher der Frage nach, welche Bestandteile des Gelée Royale die Entwicklung zur Königin bewirken. Dabei wäre es vielleicht noch wichtiger zu wissen, was dem Gelée Royale fehlt – nämlich pflanzliche Stoffe, die diese Entwicklung stören können“, sagt May Berenbaum von der University of Illinois in Urbana. Von den weiblichen Honigbienen (Apis mellifera) können sich nur die Königinnen fortpflanzen. Die anderen Weibchen sind sterile Arbeiterinnen, die als Ammen im Bienenstock oder als Sammlerinnen tätig sind. Die Ammenbienen produzieren in speziellen Drüsen ein Sekret, das Gelée Royale, mit dem sie zunächst alle frisch geschlüpften Larven füttern. Doch die meisten Larven erhalten diese Kost nur drei Tage lang. Danach wird ihre Ernährung auf Honig und Pollen umgestellt. So entstehen schließlich aus den Puppen nur Arbeiterinnen ohne funktionstüchtige Eierstöcke. Einige Larven dagegen werden bis zur Verpuppung ausschließlich mit Gelée Royale versorgt. Diese entwickeln sich schneller, bilden Eierstöcke und erreichen die für eine Königin typischen größeren Körpermaße. Das beruht unter anderem auf dem im Gelée Royale enthaltenen Protein Royalactin, welches das Wachstum beschleunigt.

Die Larven, aus denen Arbeiterinnen werden, nehmen im Gegensatz zu den anderen mit ihrer Nahrung pflanzliche Polyphenole auf, die in Honig und Pollen enthalten sind. Eines dieser Polyphenole ist p-Cumarsäure. Aus früheren Untersuchungen wussten die Forscher, dass dieser Inhaltsstoff die Aktivität von Genen bei Bienen verändern kann, indem er die DNA-Methylierung beeinflusst. Für die neuen Experimente wurde eine Gelée Royale-haltige Nährlösung hergestellt – mit oder ohne Zusatz von Cumarsäure. Es zeigte sich, dass das Polyphenol auch in Gegenwart von Gelée Royale zahlreiche Genaktivitäten so veränderte, dass ein Wachstum von Eierstöcken unterdrückt und die Entwicklung zur Königin verhindert wurde. Man könnte das Steuern der Entwicklung über die Nahrung also auch so ausdrücken: Indem die Ammenbienen einige Larven nicht mit Honig und Pollen versorgen, bewirken sie, dass diese sich ungehindert zu Königinnen entwickeln können. Ob bei anderen sozialen Insekten die Entwicklung der Larven auf ähnliche Weise über die Ernährung gesteuert wird, ist noch nicht untersucht.

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