Kein Stau auf der Ameisenstraße

Mit der Menge an Duftmarkierungen regulieren Wegameisen die Verkehrsdichte auf ihren Pfaden zur Futterquelle
Die Schwarze Wegameise (Lasius niger) hält eine schwarze Perle mit Nestgeruch für ein Mitglied ihrer Kolonie.
Die Schwarze Wegameise (Lasius niger) hält eine schwarze Perle mit Nestgeruch für ein Mitglied ihrer Kolonie.
© Tomer Czaczkes
Brighton (Großbritannien) - Ameisen markieren den Weg von einer Futterquelle zum Nest mit einem Pheromon. Dadurch werden Mitbewohner der Kolonie angelockt, denselben Weg zur Nahrungsbeschaffung zu benutzen. Wie die Ameisen verhindern, dass es dabei zu Verkehrsstaus kommt, haben britische Biologen jetzt herausgefunden: Steigt die Zahl der Tiere auf der Wegstrecke so stark, dass sie sich gegenseitig behindern, geben sie weniger Pheromone ab. Dadurch verliert der Pfad an Attraktivität und das Verkehrsaufkommen sinkt. Eine solche Regulation in Form einer negativen Rückkopplung erhöht die Effizienz, mit der die Ameisen ihr Nest mit Nahrung versorgen, berichten die Forscher im „Journal of the Royal Society Interface“.

„Dieser Regulationsmechanismus ist ungewöhnlich: Er beruht nicht auf einem hemmenden Signal, sondern darauf, dass weniger eines positiven Feedback-Signals gebildet wird“, schreiben Tomer Czaczkes und Kollegen von der University of Sussex. In Laborexperimenten untersuchten sie das Verhalten von Schwarzen Wegameisen (Lasius niger) beim Sammeln von Nahrung. Dazu mussten die Tiere aus ihrem Nest über eine 20 Zentimeter lange Brücke bis zu einem Tropfen Zuckerlösung gelangen und auf demselben Weg zurückkehren. Die Brückenbreite variierten die Biologen zwischen 5 und 20 Millimeter. Die Ameisen markieren ihre Pfade, indem sie in der Fortbewegung kurz innehalten und das Ende ihres Hinterleibs auf die Lauffläche aufsetzen, wobei ein Pheromon austritt. Die Häufigkeit dieses Markierungsverhaltens lässt sich einfach zählen. Außerdem registrierten die Forscher, wie oft die Ameisen auf der Wegstrecke den Kopf einer anderen berührten. Das war naturgemäß häufiger der Fall, wenn die Brücke schmal und das Gedränge groß war.

Je mehr Ameisen auf der Brücke unterwegs waren, desto geringer wurde der Anteil derjenigen, die weiterhin Wegmarkierungen setzten. Bei der höchsten Verkehrsdichte – insbesondere wenn die Brücke schmaler war – sank dieser Anteil auf nur noch ein Fünftel. Wahrscheinlich erkennen die Insekten einen drohenden Stau daran, dass die Häufigkeit der Körperkontakte beim Hin-und-her-Gehen zunimmt. Das bestätigten Experimente mit künstlichen Ameisen, die in Form von Glasperlen als Hindernisse auf die Brücke gelegt wurden. Diese Perlen hatten die Forscher zuvor mit dem Nestgeruch beschichtet, an dem sich die Mitglieder einer Ameisenkolonie erkennen. Er wird durch bestimmte Kohlenwasserstoffe auf der Körperoberfläche jedes Tieres hervorgerufen. Verengten so behandelte Kugeln den Weg, verringerte sich der Prozentsatz pheromonabsetzender Ameisen fast um die Hälfte. Dabei erwiesen sich schwarze Perlen als wirksamer, verglichen mit durchsichtigen. Offenbar unterstützt die richtige Körperfarbe den Geruch beim Erkennen des Mitbewohners.

Das selbstregulierte Verhalten weist den Sammlerinnen den günstigsten Weg zur Nahrung. Zunächst wählen sie den am stärksten markierten Pfad. Lässt dessen Geruch nach, suchen sie einen anderen Weg zur selben oder einer anderen Futterquelle. Das vermeidet sowohl einen unnötig hohen Verbrauch von Pheromon als auch einen erhöhten Zeitaufwand beim Vorankommen auf verstopften Wegen.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg