Intelligente Pille gegen Darmkrebs

Prototyp kann Arzneien kontrolliert im Körper freisetzen und erlaubt gezielte und schonende Therapien von Krankheiten im Verdauungstrakt
Kontrolliert soll diese Kapsel Arzneien im Darm freisetzen
Kontrolliert soll diese Kapsel Arzneien im Darm freisetzen
© Philips
Eindhoven (Niederlande)/Atlanta (USA) - Mehr als sechs Prozent aller Deutschen erkranken in ihrem Leben an Darmkrebs. Die Vorzeichen für bösartige Tumoren lassen sich schon früh diagnostizieren, per Darmspiegelungen und Video-Pillen, die durch den Verdauungstrakt reisen. Nun soll eine intelligente Tablette, iPill genannt, auch die Behandlung der Krankheit direkt im Darm verbessern. Einen ersten Prototyp präsentieren niederländische Entwickler diese Woche auf dem Jahrestreffen der American Association of Pharmaceutical Scientists in Atlanta.

"Eine Technologie wie die iPill, die Elektronik, Diagnostik und Therapie miteinander vereint, schafft die Möglichkeit, nahezu jedes Medikament an jeden gewünschten Ort im Verdauungstrakt zu bringen", sagt Henk van Houten, Leiter der Healthcare-Forschung bei Philips Research in Eindhoven. Mit einem Schluck Wasser lässt sich die 26 Millimeter lange und etwa einen Zentimeter dicke Kapsel leicht schlucken. In ihrem Innern verbergen sich ein Arzneibehälter, eine Minipumpe, Temperatur- und Säuresensor, ein Mikroprozessor, Batterie und ein Funkmodul. So ausgestattet, orientiert sich die Pille anhand des Säuregrads in Magen oder Darm. Erreicht sie die erkrankte Region, kann sie gezielt eine Arznei freisetzen, um beispielsweise ein Krebsgeschwür zu behandeln.

Daten über Aufenthaltsort, pH-Wert und Temperatur kann das Funkmodul mittels der RFID-Technik aus dem Körper heraus zum behandelnden Arzt senden. Eine noch genauere Verfolgung ist mit Röntgen- oder Kernspinaufnahmen möglich. Hat die Kapsel ihre heilende Fracht abgeladen, wird sie über die natürlichen Verdauungsvorgänge wieder ausgeschieden.

Bisher testeten die Wissenschaftler ihre intelligente Kapsel in Labormodellen. Vor einem Einsatz beim Patienten könnten bald weitere Tierversuche und dann klinische Studien folgen. Nicht nur gegen Darmkrebs soll dieser Transporter eingesetzt werden, auch die Behandlung von Morbis Crohn und Darmentzündungen (Colitis Ulcerosa) haben die Entwickler im Blick. Da direkt im Darm Arzneien in geringerer Dosierung effizienter wirken könnten, sind auch bisher nicht mögliche Therapien vorstellbar. "Die Kombination aus guter Einsatzortsbestimmung, elektronisch kontrollierter Freisetzung von Medikamenten und auf dem Weg durch den Verdauungstrakt gewonnener Daten, macht die iPill zu einem wertvollen Instrument bei der Entwicklung von Medikamenten", sagt Karsten Cremer von dem Unternehmen Pharma Concepts in Basel.

AAPS Pharmaceutica, Philips
Quelle: AAPS Pharmaceutica, Philips


 

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