Innere Tagesuhr beeinflusst Lebensspanne

Ein stabilisierter circadianer Rhythmus könnte Alterskrankheiten vorbeugen und das Leben verlängern
Anders als ein mechanisches Uhrwerk wird die biologische Uhr durch Gene und Proteine in Gang gehalten.
Anders als ein mechanisches Uhrwerk wird die biologische Uhr durch Gene und Proteine in Gang gehalten.
© Hustvedt / Creative Commons (CC BY-SA 3.0), http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en
Cambridge (USA) - Unsere innere Uhr sorgt dafür, dass die zahlreichen rhythmischen Prozesse des Körpers im Einklang mit dem natürlichen Tag-Nacht-Wechsel ablaufen. Im Alter lässt diese Koordination nach. Jetzt haben amerikanische Forscher eine direkte Verbindung zwischen Altern und innerer Uhr entdeckt: Die Produktion des Enzyms Sirtuin-1 im Gehirn lässt bei alten Mäusen deutlich nach. Das stört die Funktion von Uhren-Genen, so dass sich die Tiere beispielsweise nur noch schlecht auf einen veränderten Hell-Dunkel-Rhythmus umstellen können. Fehlt das Enzym ganz, ist die innere Uhr schon bei jungen Mäusen geschädigt. Dagegen kann ein Überschuss an Sirtuin-1 diese und andere Alterungsprozesse verzögern. Wirkstoffe, die ein Absinken des Sirtuinspiegels im Gehirn verhindern, könnten daher vor altersbedingten Krankheiten schützen, schreiben die Biologen im Fachblatt „Cell“.

„Es wird immer klarer, dass die Stabilität tagesrhythmischer Prozesse ziemlich wichtig für den Erhalt der Gesundheit ist; ein gestörter biologischer Tagesrhythmus ist gesundheitsschädlich und beschleunigt vielleicht das Altern“, sagt Leonard Guarente vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Nicht nur Schlafen und Wachen, auch Hormonproduktion, Körpertemperatur und zahlreiche Stoffwechselprozesse von Mensch und Tier unterliegen einem sogenannten circadianen, also etwa 24-stündigen Rhythmus. Dieser wird durch eine zentrale innere Uhr kontrolliert, die beim Menschen aus zwei reiskorngroßen Haufen von Hirnzellen im Hypothalamus besteht. Die Zellen erhalten ständig Informationen über die Intensität des Tageslichts und reagieren darauf mit rhythmisch schwankenden Genaktivitäten. Dadurch verändert sich im Tagesverlauf auch die Produktion von Botenstoffen, die sich mit dem Blut im ganzen Körper verteilen und die Stoffwechselaktivitäten in sämtlichen Organen koordinieren. Mäuse leben umso länger, je robuster diese zeitliche Steuerung ist. Das sprach für eine noch unbekannte Verbindung zwischen innerer Uhr und Lebensspanne.

Es war bereits bekannt, dass Sirtuin-1 bei vielen Tieren die Zellalterung verlangsamt und das Leben verlängern kann. Das Enzym entfernt Acetylgruppen von mehreren Proteinen, die Genaktivitäten regulieren. Jetzt untersuchte Guarente zusammen mit Hung-Chun Chang, ob das Sirtuin auch die innere Uhr beeinflusst. Die Forscher erzeugten genetisch veränderte Mäuse, die im Hypothalamus kein Sirtuin-1 mehr bilden konnten und solche, die zwei- bis zehnmal so viel produzierten wie normalerweise. Im ersten Fall verlängerte sich der Tagesrhythmus geringfügig, im zweiten verkürzte er sich leicht. Bei Sirtuin-1-Mangel hatten die Tiere schon im jungen Alter Probleme, sich an einen veränderten Hell-Dunkel-Rhythmus anzupassen, und alterten schneller. Dagegen förderte ein Überschuss des Enzyms die Funktion der inneren Uhr und schützte vor altersbedingten Schäden. Schließlich konnten die Forscher zeigen, dass Sirtuin-1 direkt auf einige Gene einwirkt, die für das ordnungsgemäße „Ticken“ der Uhr verantwortlich sind. Die Funktion der inneren Uhr zu stärken könnte also helfen, Alterskrankheiten zu verhindern. Das wäre beispielsweise dadurch möglich, die Sirtuin-Produktion zu steigern. Zwar stehen bereits Sirtuin-1-Aktivatoren zur Verfügung, diese können bisher aber noch nicht die Blut-Hirn-Schranke überwinden und in die Schaltzentrale der inneren Uhr eindringen.

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