Hummeln werden ihren Blüten leicht untreu

Fällt eine im gleichen Lebensraum konkurrierende Hummelart aus, bevorzugen die Insekten beim Nektarsammeln nicht mehr nur eine Pflanzenart – was die Erfolgsrate der Bestäubungen verringert
Hummeln bevorzugen beim Nektarsammeln meist die Blüten einer Pflanzenart.
Hummeln bevorzugen beim Nektarsammeln meist die Blüten einer Pflanzenart.
© Rex shock Richard Andre Ingebrigtsen / Wikimedia, public domain
Atlanta (USA) - Hummeln und Honigbienen sind zeitlich begrenzt blütentreu: Sie besuchen während der Blütezeit einer Pflanzenart hauptsächlich deren Blüten und verschmähen andere. So transportieren die Insekten überwiegend Pollen einer Pflanzenspezies und steigern deren Chance auf Befruchtung. Jetzt haben amerikanische Biologen am Beispiel mehrerer Hummelarten im selben Lebensraum gezeigt, wie sich der Ausfall einer dieser Arten auf die von ihr bevorzugt besuchte Blütenpflanze auswirkt. Die verringerte Konkurrenz sorgte dafür, dass die verbliebenen Hummelarten zusätzlich die Blüten besuchten, deren Bestäuber fehlte. Die nun weniger blütentreuen Hummeln übertrugen daher häufiger artfremden Pollen und verringerten so Befruchtungsrate und Samenproduktion. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass beispielsweise das weltweite Bienensterben lokale Ökosysteme und Landwirtschaft stärker schädigen könnte, als bisher angenommen, schreiben die Forscher im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“.

„Wenn Hummeln oder andere Bienen promisk sind – also während des Nektarsammelns mehr als eine Pflanzenart besuchen – sind sie als Bestäuber viel weniger effektiv“, sagt Heather Briggs vom Rocky Mountain Biological Laboratory. Zusammen mit Berry Brosi von der Emory University in Atlanta untersuchte sie die Bestäubung einer Rittersporn-Art (Delphinium barbeyi) durch Hummeln auf subalpinen Wiesen der Rocky Mountains. Auf jeder der ausgewählten jeweils 20 Quadratmeter großen Testflächen waren im Schnitt fünf von insgesamt elf dort vorkommenden Hummelarten als mögliche Bestäuber unterwegs.

Nach Beobachtungen unter unveränderten natürlichen Bedingungen entfernten die Biologen jeweils eine Hummelart aus dem abgegrenzten Gebiet, indem sie die Tiere mit Netzen einfingen. Danach beobachteten sie das Verhalten der anderen Hummeln beim Nektarsammeln, untersuchten, welche Pollenarten an ihren Körpern hafteten und wie viele Samen die bestäubten Blüten später bildeten. Diese Daten verglichen sie mit denen im ungestörten Ökosystem, in dem 78 Prozent der Hummeln blütentreu waren. Das Fehlen einer Hummelart senkte diesen Wert auf 66 Prozent. Die Hummeln trugen dann also häufiger Pollen verschiedener Pflanzenarten an ihrem Körper. Das führte dazu, dass seltener der richtige Pollen auf die Narbe der Ritterspornblüten gelangte und verringerte die Samenproduktion um ein Drittel.

Andere Forscher hatten aus Computersimulationen geschlossen, dass der Ausfall einer Bestäuberart im lokalen Ökosystem keinen größeren Schaden verursachen würde, solange das durch andere Bestäuber ausgeglichen werden könnte. Jetzt zeigt sich, dass eine nur leicht verringerte Zahl konkurrierender Bestäuber die Blütentreue der verbliebenen Bestäuber schwächt und dem Fortpflanzungserfolg der betroffenen Pflanzen schadet. Übertragen auf die Situation des derzeitigen dramatischen Bienensterbens sei nach Ansicht der Autoren beim Aussterben von Honigbienen in einer Region mit gravierenden Auswirkungen auf das Ökosystem und die landwirtschaftliche Produktion zu rechnen.

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