Hirnbild verrät: Kaiserschnitt schwächt Mutter-Kind-Bindung

Der Schnitt in den Mutterleib verhindert, dass im Geburtsprozess mütterliche Hirnregionen aktiviert werden, mit denen sie empfindlicher auf Babyschreie reagieren
New Haven (USA) - Die Natur hat vorgesorgt, damit Mütter bei der Geburt eine Bindung zum Baby entwickeln: Ein Hormoncocktail beeinflusst das Gehirn nachhaltig. Deshalb reagieren frischgebackene Mütter Wochen nach einer natürlichen Geburt deutlich intensiver auf das Schreien ihres Babys als Mütter nach einem Kaiserschnitt. US-Forscher konnten diese Unterschiede im Gehirn jetzt erstmals im Kernspintomographen sichtbar machen. Jene Hirnregionen, die für Gefühle, Motivation und Gewohnheiten zuständig sind, arbeiteten bei Müttern der ersten Gruppe zwei bis vier Wochen nach der Geburt sichtbar mehr. Offenbar verändert die Hormonausschüttung während des Geburtsprozesses die Hirnfunktionen, berichten die Mediziner im "Journal of Child Psychology and Psychiatry".

"Wir fragten uns, welche Hirnregionen bei Müttern, die per Kaiserschnitt geboren hatten, weniger aktiv wären - da diese Art der Geburt in Tierversuchen mit nachlassendem mütterlichen Verhalten in Verbindung gebracht wurde, sowie bei Menschen mit einem Trend zur postnatalen Depression", erklärt James Swain von der Yale University. Sein Team hatte zwölf Mütter im Zeitraum zwei bis vier Wochen nach der Geburt in den Kernspintomographen gebeten und ihnen das Geschrei ihres Babys vorgespielt. Die Hirne der sechs Mütter mit der natürlichen Geburt reagierten dabei deutlich aktiver in der oberen und mittleren Schläfenhirnwindung (Gyrus temporalis), der oberen Stirnhirnwindung (superior frontal gyrus), dem medialen Gyrus fusiformis, dem oberen Scheitellappen sowie Bereichen des Caudatus, des Thalamus und Hypothalamus, der Amygdala und der Varolsbrücke (pons varolii) zwischen den Hemisphären des Kleinhirns. Auf der anderen Seite fanden sich aber auch Hirnreaktionen auf das Babygeschrei, die bei allen Müttern gleich waren.

Das lasse erstens darauf schließen, schreiben die Forscher, dass die Kaiserschnitt-Mütter in den Wochen nach der Geburt weniger empfindlich sind in den Regelkreisen für Mitgefühl, Motivation, Signalverarbeitung, Erregung, Belohnung und Verhalten. Zweitens zeige sich, dass die mütterliche Sorge und Stimmung beim Babygeschrei mit bestimmter Hirnaktivierung zusammenhänge - unabhängig von der Art der Geburt. Während der natürlichen Geburt schüttet der Körper einen ganzen Hormoncocktail aus, vor allem Oxytocin, das bei Tieren als Hauptauslöser für mütterliches Verhalten gilt.

"Diese Arbeit könnte zur Früherkennung von Familien führen, die ein Risiko für postnatale Depression und Bindungsprobleme tragen. Sie sind wichtig, da mehr Frauen in späteren Jahren Kinder bekommen und mit größerer Wahrscheinlichkeit einen Kaiserschnitt wählen", erklärt Swain. Auch in Deutschland nimmt der Anzahl freiwilliger Kaiserschnitte zu - mittlerweile ist dies beinah jede dritte Geburt in einem Krankenhaus, meldete kürzlich die Techniker-Krankenkasse. Zwar vermeidet diese Geburtstechnik Schmerzen und Anstrengung, lässt sich per Termin planen und beschert den Ärzten ein höheres Einkommen. Auf der anderen Seite mehren sich aber Hinweise über medizinische Nachteile für Mutter und Kind.

Yale University, Journal of Child Psychology and Psychiatry
Quelle: wsa080904ds1 Yale University, Journal of Child Psychology and Psychiatry "Maternal brain response to own baby-cry is affected by cesarean section delivery ", James E. Swain, James F. Leckman et al.; The Journal of Child Psychology and Psychiatry, Online-Vorabveröffentlichung; DOI: 10.1111/j.1469-7610.2008.01963.x


 

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