Herzmedikament hemmt Prostatakrebs

Sowohl Experimente mit Zellkulturen als auch eine epidemiologische Studie zeigen, dass das Herzglykosid Digoxin das Wachstum von Prostatatumoren hemmen könnte
Baltimore (USA) - Männer, die wegen eines Herzleidens mit Digoxin behandelt werden, erkranken seltener an Prostatakrebs. Dieses Ergebnis einer amerikanischen Studie wird von Laborversuchen gestützt, die auf einen ursächlichen Zusammenhang hinweisen: Das Herzmittel hemmte das Wachstum von Prostatakrebs-Zellkulturen um mehr als 50 Prozent, schreiben die Forscher im Fachblatt "Cancer Discovery". Auf welchem Mechanismus die unerwartete Wirkung beruht, ist noch nicht bekannt. Wegen starker Nebenwirkungen raten die Autoren dringend davon ab, vor Abschluss weiterer Studien Digoxin-Präparate zur Krebsvorbeugung einzunehmen.

"Das ist kein Medikament, das man gesunden Menschen geben sollte", warnt Elizabeth Platz von der Johns Hopkins University in Baltimore. Digoxin wird aus Glykosiden von Fingerhut-Arten hergestellt und unter anderem bei chronischer Herzschwäche eingesetzt. Es kann bei Männern Brustvergrößerungen und Herzfunktionsstörungen auslösen sowie Übelkeit und Kopfschmerzen bewirken. Die Krebs hemmende Wirkung entdeckten Srinivasan Yegnasubramanian und Kollegen vom Johns Hopkins Kimmel Cancer Center bei einem Screening. Sie testeten mehr als 3000 für andere Krankheiten bereits zugelassene Medikamente darauf, ob sie das Wachstum von Prostatakrebszellen in Laborkulturen beeinflussen. Bei 38 Mitteln stellten sie einen Hemmeffekt von mindestens 50 Prozent fest. Am wirksamsten war Disulfiram, das zur Alkoholentwöhnung verordnet wird. Das zweitbeste Resultat erzielte das Herzglykosid Digoxin.

Da für einen möglichen Zusammenhang zwischen Disulfiram und Prostatakrebs nicht genügend auswertbare Daten aus laufenden oder abgeschlossenen Studien vorlagen, beschränkte sich das Forscherteam von Platz und Yegnasubramanian zur Bestätigung ihrer Laborergebnisse zunächst auf das Herzmittel. Sie fanden eine Langzeitstudie, in der 47.000 Männer im Alter zwischen 40 und 75 Jahren teilgenommen hatten. Im Verlauf von 20 Jahren waren 5000 der Probanden an Prostatakrebs erkrankt. Zwei Prozent aller Teilnehmer hatten zu Beginn der Studie regelmäßig Digoxin-Präparate eingenommen. Für sie lag das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, 24 Prozent niedriger als für die anderen. Diejenigen, die länger als zehn Jahre damit behandelt wurden, erkrankten nur noch mit halb so großer Wahrscheinlichkeit. Digoxin verändert den Natrium-Kalium-Haushalt der Herzzellen. Wie es das Wachstum von Krebszellen beeinflusst, wollen die Forscher nun aufklären. Danach wären auch neue Studien möglich, die eine vorbeugende Wirkung solcher Präparate oder davon abgeleiteter Mittel überprüfen könnten.

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Quelle: Cancer Discovery, Online-Publikation, Ausgabe vom 3. April 2011, http://cancerdiscovery.aacrjournals.org


 

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