Gut geschmierte Erdplatten

Eingeschlossenes Wasser und geschmolzenes Gestein könnten die Verschiebung tektonischer Platten zueinander erleichtern
Vor Neuseeland zieht ein Forschungsschiff Sensoren hinter sich her, die im Untergrund reflektierte, seismische Wellen auffangen.
Vor Neuseeland zieht ein Forschungsschiff Sensoren hinter sich her, die im Untergrund reflektierte, seismische Wellen auffangen.
© NZP&M
Wellington (Neuseeland) - Vor der Ostküste Neuseelands taucht der Ozeanboden des Pazifiks jedes Jahr fünf bis 24 Zentimeter unter den australischen Kontinent ab. Die grundlegenden Prozesse in dieser Subduktionszone verstehen Geophysiker zwar gut, doch eine genaue Erklärung stand bisher aus. Diese Wissenslücke konnte nun ein internationales Forscherteam etwas verkleinern. Mit seismischen Messungen fanden die Wissenschaftler Hinweise auf eine relativ dünne Schicht am Boden der pazifischen Platte, die das Hinabgleiten in den Erdmantel wie ein Schmiermittel erleichtern könnte. Ihre Analyse erschien nun im Fachblatt „Nature“.

Mit Bohrungen können Geoforscher nicht bis zur Subduktionszone in 100 Kilometer Tiefe vordringen. Doch mit seismischen Wellen künstlicher Erdbeben – erzeugt durch zwölf Sprengungen auf Neuseeland – schafften es Tim Stein von der Victoria University in Wellington und seine amerikanischen und japanischen Kollegen, sich indirekt ein genaueres Bild vom Aufbau der abtauchenden, pazifischen Platte zu machen. Mit insgesamt 1178 Sensoren, sogenannten Geophonen, fingen sie auf einer 85 Kilometer langen, schnurgeraden Strecke – teils auf dem Festland, teils auf offener See - die im Untergrund reflektierten Wellen auf. Da sich die seismischen Wellen abhängig vom Aufbau der Gesteinsschichten im Untergrund mal schneller, mal langsamer ausbreiteten, offenbarte sich mit dieser Methode die Struktur der Subduktionszone.

Klar zeigten die Daten, dass die pazifische Platte in dem untersuchten Bereich etwa 73 Kilometer dick ist. Aber an ihrer Unterseite entdeckten Stein und Kollegen einen zehn Kilometer mächtigen Abschnitt, der offenbar wie eine gut schmierende geologische Gleitschicht das Abtauchen der Platte erleichtert. Verantwortlich dafür könnten eingeschlossenes Wasser oder partielle Gesteinsschmelzen sein. Da es in 100 Kilometer Tiefe allerdings noch zu kalt ist, um das Plattenmaterial zu schmelzen, müssen die Forscher nach anderen Ursachen suchen. So könnten aus dem heißeren Erdmantel aufsteigende Schmelzen in diese tektonische Gleitzone vordringen. Diese Hypothese ließe sich aber nur mit weiteren Messungen überprüfen.

Mit ihrer Analyse, die zu den bisher genauesten ihrer Art zählt, liefern Stern und Kollegen wertvolle Hinweise auf die genauen Prozesse der Plattentektonik. Auf dieser Grundlage könnten die Vorgänge innerhalb der Subduktionszonen, in denen entlang der Kontinente zahlreiche Erdbeben entstehen, besser verstanden werden. Auch deutsche Geowissenschaftler vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel erforschten jüngst die Subduktionszone vor Neuseeland genauer. Mit dem Forschungsschiff "Sonne" sammelten sie Proben vom Meeresboden des Pazifiks und verglichen sie mit erstarrtem Gestein der Kermadec-Vulkane 1000 Kilometer nördlich von Neuseeland. Große Ähnlichkeiten in der chemischen Zusammensetzung erklärten, wie die abtauchende pazifische Platte den aktiven Vulkanismus beeinflusst.

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