Gezeitenkräfte erzeugen Eisfontänen auf Enceladus

Die Masse des Saturn treibt die enormen periodischen Fontänen auf dem Eismond an, die den „Tigerstreifen“ an seinem Südpol entspringen
Die Eisfontänen entspringen den „Tigerstreifen“ am Südpol des Saturnmondes Enceladus.
Die Eisfontänen entspringen den „Tigerstreifen“ am Südpol des Saturnmondes Enceladus.
© NASA
Ithaca (USA) - Enceladus ist der zweitinnerste von 62 bekannten Monden des Saturn. Bereits seit einigen Jahren wissen Astronomen, dass sein Südpol geologisch aktiv ist. Dort steigen hohe Fontänen aus Wasserdampf und Eispartikeln weit über die Mondoberfläche auf. Neue Untersuchungen mit der Raumsonde Cassini weisen nun darauf hin, dass die durch den nahen Saturn entstehenden Gezeitenkräfte die Energie für diese Fontänen liefern. Bei seinem nur knapp mehr als einen Erdentag dauernden Umlauf um den Gasriesen Saturn konnten US-amerikanische Forscher einen rhythmischen Wechsel in der Helligkeit und Stärke der Eisfontänen ausmachen, berichten sie im Fachblatt „Nature“. Die Astronomen vermuten, dass sich in der dicken Eiskruste des Mondes große Mengen an flüssigem Wasser befinden. Erhitzt sich dieses durch die Gezeitenkräfte, drückt es sich durch die „Tigerstreifen“ genannten Eisklüfte am Südpol des Mondes.

„Die Saturnforschung geht heute davon aus, dass sich am Südpol von Enceladus ein regionaler Ozean befindet“, berichtet Matthew Hedman von der Universität Cornell. Der Kern von Enceladus besteht aus Gestein, das beim Umlauf um Saturn durchgewalkt wird. Dabei erwärmt es sich und ebenso die darüber liegenden Eisschichten. Dadurch entstehen unterirdische Bereiche mit flüssigem Wasser, obwohl die Oberfläche von Enceladus minus 200 Grad Celsius kalt ist. Im Gegensatz zu den Seen unter der Antarktis besitzt der Südpol-Ozean des Saturnmondes aber genug Druck, um durch die Eiskruste zu brechen. Aufgrund der geringen Schwerkraft führt dies zu rund 700 Kilometer pro Stunde schnellen Fontänen, die bis zu 450 Kilometer hoch in die sehr dünne Atmosphäre reichen. Dies entspricht beinahe dem Durchmesser des Mondes von 500 Kilometern. Enceladus zieht dabei einen dünnen Ring von Wasserdampf und Eispartikeln um Saturn.

Die Astronomen untersuchten insgesamt 252 Aufnahmen des Saturnmondes, die die Raumsonde Cassini bei zwanzig nahen Vorbeiflügen gemacht hatte. Dank Cassini konnten die Astronomen auch die Tigerstreifen am Südpol von Enceladus besser ausmessen. Sie sind beinahe perfekt geometrisch angeordnet, rund 130 Kilometer lang und liegen rund 35 Kilometer auseinander. Da die Bahn von Enceladus um Saturn nicht perfekt kreisförmig ist, ändert sich die Entfernung des Mondes zu Saturn im Tagesrhythmus ein wenig. Die Tigerstreifen dehnen sich dann etwas aus und ziehen sich wieder zusammen. Dank der zahlreichen Aufnahmen konnten die Forscher nicht nur wechselnde Helligkeiten der Eisfontänen, sondern auch unterschiedliche Ausströmungsgeschwindigkeiten ausmachen, die ebenfalls im Tagesrhythmus variieren. „Die Fontänen sind viermal so stark, wenn Enceladus sich am Saturn-fernsten Punkt befindet im Vergleich zur stärksten Annäherung“, stellt der an der Studie nicht beteiligte John Spencer vom Southwest Research Institute in Boulder fest.

1997 von Cape Canaveral gestartet und 2004 bei Saturn angekommen, beobachtet Cassini seitdem den Gasplaneten und sein Ringsystem mitsamt den Monden. 2008 passierte Cassini Enceladus in nur 23 Kilometer Höhe, was bis heute den Rekord für den geringsten Abstand für den Vorbeiflug einer Raumsonde an einem Himmelskörper darstellt. Außerdem konnte Cassini Messungen in der Wasserdampfwolke von Enceladus durchführen und stieß dabei neben Wasser und Kohlendioxid auch auf unerwartet hohe Mengen an organischen Stoffen. Astronomen halten es deshalb für plausibel, dass im unterirdischen Ozean am Südpol des Mondes prinzipiell die Entstehung primitiver Lebensformen möglich ist.

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