Genetik bestätigt: Europäer sind eine große Familie

Je näher die Menschen beieinander leben, umso größer ist die genetische Übereinstimmung - es gibt allerdings auch Ausnahmen
Verwandtschaft der Briten: Je weiter zurück in die Vergangenheit man kommt, desto mehr genetische Hinweise auf gemeinsame Vorfahren gibt es
Verwandtschaft der Briten: Je weiter zurück in die Vergangenheit man kommt, desto mehr genetische Hinweise auf gemeinsame Vorfahren gibt es
© Peter Ralph, Graham Coop
Los Angeles (USA)/Sacramento (USA) - Von Irland bis zum Balkan: Die Europäer sind genetisch eng miteinander verwandt. Das zeigt eine aktuelle Studie US-amerikanischer Forscher, die das Erbgut von 2.257 Menschen europaweit miteinander verglichen. Dabei zeigte sich beispielsweise, dass Briten und Türken vor tausend Jahren gemeinsame Ahnen hatten. Generell sei das Erbgut am ähnlichsten, je näher die Studienteilnehmer beieinander leben, schreiben die Forscher im Internet-Journal „PLOS Biology“. Allerdings gibt es auch Ausnahmen: So ist die verwandtschaftliche Beziehung der Italiener untereinander und zum Rest Europas relativ gering.

„Das Bemerkenswerte ist, wie nah eigentlich jeder mit dem anderen verwandt ist“, meint Graham Coop von der University of California in Davis. Andererseits gebe es subtile lokale Trends, die unter anderem auf historische Völkerwanderungen hindeuten, ergänzt Peter Ralph von der University of Southern California. Um die Genmuster zu finden, gingen die beiden Forscher davon aus, dass sich die Nähe der Verwandtschaft im Erbgut widerspiegelt. So haben Cousins und Cousinen gemeinsame Großeltern – und zeigen daher große Übereinstimmungen über lange Strecken des Erbguts. Je mehr Generationen hinzukommen, umso kürzer werden diese übereinstimmenden Sequenzen. Werden jedoch große Stichproben genommen, können auch seltene Fälle von Übereinstimmungen entdeckt werden.

Genau das haben Coop und Ralph genutzt: Sie fanden übereinstimmende Erbgut-Sequenzen bei Studienteilnehmern, die über ganz Europa verteilt waren. Aus dem Grad der Veränderungen berechneten sie dann, vor wie langer Zeit die verglichenen Personen einen gemeinsamen Vorfahren hatten. Dabei war es nicht verwunderlich, dass Menschen am ehesten verwandt waren, je näher sie beieinander wohnten. Andererseits gab es einige Ausnahmen, die auf den ersten Blick überraschend erscheinen, sich auf den zweiten aber logisch erklären lassen. So könnten die großen Unterschiede in Italien auf eine lange Geschichte sehr eigenständiger Kulturen auf der Halbinsel hinweisen, meinen die Forscher.

Auch einige Deutsche sind enger mit Polen verwandt als mit anderen Deutschen, die um sie herum leben. Dies interpretieren die Wissenschaftler als Resultat von Migrationen kleinerer Gruppen oder einzelner Individuen in größere Gesellschaften. Die größte Übereinstimmung von Nachbarn fanden die Forscher in Nord- und Osteuropa. Insbesondere im Osten könnten dazu die Ausbreitung der slawischen Einwanderer vor mehr als tausend Jahren beigetragen haben. Um das jetzt gewonnen Bild abzurunden, schlagen die Wissenschaftler vor, ihre Ergebnisse mit archäologischen Ergebnissen und Resultaten von Sprachforschern abzugleichen. Außerdem wollen Coop und Ralph noch größere Stichproben nehmen, um ihre Ergebnisse zu bestätigen und zu verfeinern.

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