Geldwäsche könnte Milliarden sparen

Umwelt und Wirtschaft profitieren vom wortwörtlichen Reinigen verschmutzter Banknoten mit Hilfe von Kohlendioxid
Die richtige Reinigungsmethode kann die Lebensdauer von Banknoten deutlich verlängern.
Die richtige Reinigungsmethode kann die Lebensdauer von Banknoten deutlich verlängern.
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Providence (USA) - Ein Geldschein geht so lange von Hand zu Hand, bis er reißt, labbrig wird, schimmelt, ankokelt oder einfach nur schmutzig wirkt: Regelmäßig ziehen Banken weltweit 150.000 Tonnen an Geldscheinen aus dem Verkehr und vernichten sie – die meisten, weil sie unansehnlich geworden sind. Sie werden zerstört, Ersatz wird neu gedruckt. Doch viele Scheine könnten deutlich länger kursieren, wenn man sie nur säubern würde, sagen US-Physiker: Sie entwickelten eine wirksame und günstige Reinigungsmethode für Geldscheine, die den Volkswirtschaften rund um die Welt hohe Kosten für Entsorgung und Neudruck ersparen könnte. Dabei entfernt sogenanntes überkritisches Kohlendioxid vor allem menschliches Hautfett und Motoröl, aber auch Keime von den Banknoten. Die Sicherheitsmerkmale der Scheine bleiben hingegen intakt, berichtet das Team im Fachjournal „Industrial & Engineering Chemistry Research“. Auch in der chemischen Reinigung und anderen industriellen Anwendungen wird die schonend wirkende Substanz immer beliebter.

„Wir zeigen, das überkritisches CO2 effektiv zum Entfernen von Hauttalg und anderen Ölen und Verunreinigungen von Papier- und Polymerbanknoten genutzt werden kann – inklusive weit verbreiteter Bakterienkolonien“, schreibt das Team um Nabil M. Lawandy, von der Brown University und Gründer einer Firma für Banknotensicherheit. Zwar werden Geldscheine auch wegen anderem Schmutz oder Schimmel unbrauchbar und müssen dann ersetzt werden – besonders häufig etwa nach Naturkatastrophen wie dem Sommerhochwasser 2013 in Mitteleuropa. Doch insgesamt ist besonders das menschliche Hautfett für das Verschmutzen und Aussortieren von Geldscheinen verantwortlich, wie Untersuchungen der Niederländischen Zentralbank DNB gezeigt hatten: 60 bis 80 Prozent der von Sortiermaschinen ausgemusterten Banknoten gelten als vergilbt.

Der natürliche Talg, auch Sebum genannt, hält durch seine Öl- und Wachsbestandteile die Haut geschmeidig und schützt sie vor Krankheiten. Diese hauchdünne Fettschicht macht Fingerabdrücke erst möglich und sammelt sich auf allen Gegenständen an, die häufig berührt werden. Mit der Zeit oxidiert sie zu einer gelblichen Schicht. Die lässt sich zwar leicht durch Putzen entfernen, Geldscheine aber werden dadurch unansehnlich. Um das zu vermindern, tragen manche Banknoten eine Beschichtung, so der neue 5-Euro-Schein. In anderen Ländern wie Australien, Brasilien, Mexiko und China, aber auch in Rumänien sind Geldscheine aus Kunststoff im Umlauf. Die große Mehrheit der Banknoten weltweit jedoch besteht nach wie vor aus poröser Zellulose, in die sich das Hautfett optimal einlagern kann.

Um die Fettschicht zu entfernen, griffen Lawandy und Kollege Andrei Y. Smuk zu überkritischem Kohlendioxid, das in verschiedensten Reinigungsvorgängen zum Einsatz kommt, aber auch beim Sterilisieren, schonendem Trocknen oder Entkoffeinieren von Kaffeebohnen. CO2 kommt in den „überkritischen Zustand“, wenn es leicht erwärmt und zugleich stark komprimiert wird. Bei mehr als 31 Grad Celsius und ab einem Druck von etwa 73 Bar siedet das Kohlendioxid derart stark, dass es flüssig und gasförmig zugleich ist. In diesem Zustand kann es optimal in Textilgewebe oder zwischen Papierfasern eindringen und Schmutzpartikel bewegen. Wenn dann der Druck abfällt und das CO2 schlagartig wieder gasförmig wird, nehmen seine auseinander fliegenden Moleküle den Schmutz mit und schleudern ihn in passende Filter.

Auf diesem Prinzip fußend konstruierten die Forscher eine Spezialwaschmaschine, die bei 60 Grad Celsius und einem Druck von 345 bar arbeitet. Darin konnten sie gleich ganze Geldbündel reinigen, ohne die Banderole entfernen zu müssen. Im Schnitt verlor ein Bündel aus hundert gebrauchten Scheinen dabei vier Prozent an Gewicht – also an Schmutz. Außerdem vernichtete der Waschvorgang restlos typische Hautmikroben, die sich auf manchen Scheinen fanden – etwa Hefekeime oder den meist ungefährlichen Micrococcus luteus. „Das Reinigen der Banknoten hält sie zwar nicht sauber, sobald sie wieder im Umlauf sind“, schreiben die Forscher, „aber es bremst das Ausbreiten von Krankheiten beim Umgang mit Geldscheinen.“

Eins der wichtigsten Ergebnisse war den Wissenschaftlern allerdings, dass die Reinigungsmethode die ausgeklügelten Sicherheitsmerkmale auf den Scheinen nicht beschädigt. Tatsächlich blieben Silberfäden, Wasserzeichen und Mikroschrift, aber auch Hologramme und phosphoreszierende Tinte intakt. Das galt selbst für maschinenlesbare Eigenschaften wie magnetische Signaturen, die bei manchen Währungen von Verkaufs- und Geldwechselautomaten erkannt werden. In einer weiteren Studie wollen Lawandy und Kollegen nun untersuchen, inwieweit eine solche Geldscheinwäsche im großen Stil in einer Zentralbank das Aussortieren der Scheine tatsächlich vermindert und damit Kosten für Entsorgung und Neudrucken spart. Die aktuellen Tests der gesäuberten Banknoten mit einer typischen Sortiermaschine führten jedenfalls zu deutlich weniger Ausschuss als üblich. Bisher bestätigten die Ergebnisse, so die Forscher, „dass das Reinigen mit superkritischen Fluiden praktikabel ist und dass es für die Budgets von Zentralbanken dramatische Konsequenzen haben sowie den Umwelteinfluss durch Entsorgung untauglicher Banknoten abschwächen kann.“

HINTERGRUND
Derzeit liegt die Lebensdauer eines Geldscheins weltweit bei 3 bis 15 Jahren, bis er unansehnlich geworden ist und aussortiert wird. Das hängt in erster Linie vom Nennwert ab – je kleiner der Betrag, desto häufiger wechselt er den Besitzer und desto schneller ist er verschmutzt. Zur Kontrolle gelangt jeder Schein über den Handel und die Bankfilialen immer wieder in die Zentralbanken und durchläuft Hochgeschwindigkeitsgeräte, die teils bis zu 40 Scheine pro Sekunde prüfen können. Einige Sensoren achten dabei auf Fälschungen, andere auf das Erscheinungsbild – von Rissen und Aufschriften bis zu Schmutz, Steifigkeit und Alterungszustand. Die Zahl der dabei aussortierten Banknoten soll sich weltweit auf knapp 150 Milliarden Stück im Jahr belaufen, die Kosten auf mehr als 7 Milliarden Euro, schreiben Lawandy und Team. Demnach liegen die Durchschnittskosten dieses Aussortierens und Ersetzens bei rund 48 Euro pro tausend Stück. Dabei kleinere Nennwerte häufiger ersetzt werden, größere sind aber durch mehr Sicherheitsmerkmale teurer herzustellen. So kostet der Ersatz eines US-Dollar-Scheins etwa vier Eurocent, der eines neuen Hundertdollarscheins bereits 9 Eurocent. Zum Preis des Neudruckens ist das Entsorgen der alten Banknoten hinzuzurechnen – sie werden mit Spezialmaschinen zerschreddert, um komplett unbrauchbar zu werden. Knapp 150.000 Tonnen Geldmüll soll so jährlich und weltweit entstehen. Er enthält zwar keine gefährlichen Substanzen, kann aber dennoch zum Entsorgungsproblem werden. In manchen Ländern wandern die Papierberge in die Verbrennung, in Großbritannien etwa werden sie kompostiert und nutzen dann der Landwirtschaft. Kleine Pressbündel hingegen sind ein beliebtes symbolisches Geschenk, auch in Deutschland ist geschreddertes Geld als Präsent zu haben.

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