Gehen macht kreativ
„Wir wollten prüfen, ob einfaches Gehen den freien Fluss der Gedanken verbessern und die Kreativität steigern könnte“, sagt Daniel Schwartz von der Stanford University. Für die Untersuchungen, an denen insgesamt 176 meist junge Erwachsene teilnahmen, setzten Schwartz und seine Kollegin Marily Oppezzo zwei bewährte Testverfahren zur Messung von Kreativität ein. Bei einem dieser Tests geht es darum, möglichst viele ungewöhnliche Verwendungsmöglichkeiten für Alltagsgegenstände aufzuzählen. So dachte ein Proband bei dem Wort „Knopf” unter anderem an ein winziges Sieb oder ein Ersatzauge für eine Puppe. Je ungewöhnlicher die Einfälle, desto höher war die Bewertung. Ein dritter Test diente dazu, kognitive Hirnleistungen wie Konzentrationsfähigkeit oder Gedächtnis zu messen, die nichts mit Kreativität zu tun haben.
In einer der Testreihen mussten die Personen ihre Aufgaben zunächst sitzend und dann beim Gehen auf dem Laufband in einem frei gewählten Tempo lösen. Andere Gruppen erhielten ihre Aufgaben, während sie im Freien unterwegs waren oder nachdem sie von einem Spaziergang im Haus oder draußen zurückgekehrt waren und sich wieder gesetzt hatten. Während und kurz nach dem Gehen war die Kreativität bei 81 Prozent der Teilnehmer erhöht, die kognitiven Leistungen nur bei 23 Prozent. Das Spazieren in abwechslungsreicher Umgebung war effektiver als das Gehen in einem Zimmer vor einer weißen Wand. Aber in einem Rollstuhl gefahren zu werden ersetzte die geistig anregende Wirkung des Gehens nicht.
Das Gehen beeinflusst offenbar bestimmte Körperfunktionen, deren positive Wirkung auf kreatives Denken auch nach dem Hinsetzen noch eine Zeitlang anhält. Worin diese biologischen Veränderungen bestehen, wissen die Forscher nicht. Ob auch andere Formen leichter körperlicher Aktivität eine vergleichbare Auswirkung wie das Gehen hat, ist bisher noch nicht untersucht. Viele Menschen behaupten, dass ihnen die besten Gedanken beim Gehen kommen, schreiben die Autoren. Nachdem ihre Studie zu dem gleichen Schluss gelangt ist, wollen die Wissenschaftler nun herauszufinden, warum das so ist.