Gefühle von Einsamkeit erhöhen Alzheimer-Risiko

Nicht das Alleinsein, sondern erst schmerzlich empfundene soziale Isolation vergrößert die Wahrscheinlichkeit für eine Demenz im Alter
„Der Wanderer über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich (1818)
„Der Wanderer über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich (1818)
© Wikimedia public domain
Amsterdam (Niederlande) - Bisher galten ältere Menschen generell als stärker gefährdet, an einer Demenz zu erkranken, wenn sie nur wenig Kontakt zu ihren Mitmenschen haben. Jetzt zeigt eine neue Studie, dass nicht bereits die soziale Isolation, sondern erst das subjektive Gefühl von Einsamkeit das Demenzrisiko erhöht. Dieser Zusammenhang erwies sich als unabhängig von anderen, bekannten Einflussfaktoren wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und depressiven Störungen. Einsamkeitsgefühle könnten ein früh erkennbares Warnsignal für Alzheimer oder andere Formen der Altersdemenz sein, schreiben holländische Forscher im „Journal of Neurology Neurosurgery and Psychiatry“.

„Nicht die objektive Lebenssituation des Alleinseins, sondern der schmerzlich empfundene Mangel an sozialen Kontakten erhöht das Risiko nachlassender kognitiver Fähigkeiten“, erklären die Forscher um Tjalling Jan Holwerda vom Vrije Universiteit Medical Center Amsterdam. An ihrer Studie nahmen 2.173 Menschen im Alter zwischen 65 und 86 Jahren teil, die keine Anzeichen einer Demenz zeigten. Etwa die Hälfte lebte allein. Jeder Fünfte beantwortete die Frage „Fühlen Sie sich einsam oder sehr einsam?“ mit „Ja“. Zu Beginn der Studie und nach drei Jahren überprüften die Forscher die körperliche und geistige Gesundheit der Probanden.

Diejenigen, die sich einsam fühlten, hatten ein um 64 Prozent erhöhtes Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Die Häufigkeit sozialer Kontakte allein hatte aber keinen Einfluss auf die Krankheitswahrscheinlichkeit. Auch Personen, die sich trotz Ehepartner oder häufigem Kontakt mit anderen einsam fühlten, hatten ein erhöhtes Demenzrisiko. Bei der Auswertung der Daten wurden andere Faktoren wie Alter, Herz- und Gefäßerkrankungen, körperliche Fitness und depressive Störungen berücksichtigt. Die Ergebnisse für Männer und Frauen unterschieden sich nicht.

Möglicherweise, so die Autoren, sei das Einsamkeitsgefühl Ausdruck gestörter sozialer Fähigkeiten und damit Teil der Persönlichkeitsveränderung während des Verlaufs einer Demenz. Noch ist aber nicht geklärt, ob Hirnschäden im Frühstadium der Krankheit diese Gefühle verursachen oder ob umgekehrt Einsamsein kognitive Hirnfunktionen beeinträchtigen kann. Nach Ansicht der Forscher könnte der anhaltende Trend zu Ein-Personen-Haushalten, der soziale Isolation und Einsamkeitsgefühle begünstigt, auch die Häufigkeit von Demenzerkrankungen steigern. Gefährdete Menschen frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln würde helfen, dem entgegenzuwirken.

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